Hyperlinks-Extrem

Das Internet und die Gesellschaft

Beinahe die gesamte uns bekannte Welt erfahren wir vermittelt durch Technik, heutzutage vorrangig durch das Internet. Dabei dient Dieses nicht nur der reinen Informationsbeschaffung, sondern ermöglicht auch eine eigene, potentiell massenhaft wahrgenommene Kommunikation. Zahlreiche Stimmen beschwören dabei stets die Macht von sog. „Echokammern“ oder „Filter-Bubbles“, also digitalen Räumen, in denen die Nutzer*innen verstärkt solche Kommunikation empfangen wie sie auch von sich geben, bzw. nur bestimmte Informationen auch an sich heran lassen.

Diese Effekte stellen sich bei genauerer Betrachtung allerdings als unvermeidlich heraus, denn die absolute Fülle der Kommunikationsakte im Internet übersteigt die Aufnahmefähigkeit einer einzelnen Person um ein Weites. So muss also die/der einzelne Nutzer*in einen Weg finden, um aus dieser Fülle für sich verwertbare Informationen (ergo „Wahrheit“) zu gewinnen. Da beinahe Jede*r im Internet kommunizieren kann, werden einzelne Ereignisse aus tausendfacher Perspektive bewertet und stehen sich, gerade weil es oft auch um subjektive Bewertungen geht, gewöhnlich in Ihrem Aussagegehalt konträr gegenüber. Kommunikation ist dabei stets als das Verweisen auf Sachverhalte durch Zeichen (also Buchstaben, Worte, etc.) zu sehen und nicht als der eigentliche Sachverhalt (also das was als „objektive Wahrheit“ angesehen wird) selbst.

In der Soziologie und Philosophie gibt es viele unterschiedliche theoretische Konzepte den Zugriff des menschlichen Bewusstseins auf diese Sachverhalte nachzuvollziehen. In jeder ernstzunehmenden Kommunikationstheorie ist allerdings eine klare Trennung zwischen den Sachverhalten und der Kommunikation durch Zeichen angenommen. Damit ist festzuhalten, dass ein Verweis durch Zeichen niemals eine exakte Übereinstimmung mit dem abgebildeten Sachverhalt darstellt. Weiter noch, ich kann bewusst etwas sagen, dass nicht stimmt: Die Erde ist flach, Montage sind geil und die La-Uni ist die beste Zeitung der Welt. Gar kein Problem, Ihr habt es ja gerade gelesen. So wie die Menschheit gelernt hat, mit dem Medium des Lichtes umgehen zu können, und visuelle Informationen sinnvoll einsetzen zu können, muss sich auch mit den „neuen Medien“ im Internet eine gewisse Medienkompetenz herausbilden, die derartige Erkenntnisse erfasst und einen nachvollziehbaren und sinnvollen Umgang damit anbieten kann.

Ein gesundes Maß an Medienkompetenz hat sich im Bezug auf das Internet bisher nur auf die Bedienung, nicht aber auf den Umgang mit den Eigenschaften des Mediums, ausbilden können. Das ist prinzipiell auch nicht ungewöhnlich, erst seit Anfang der 2000er Jahre hat das Internet sich dermaßen gewandelt, dass eine massenhafte Nutzung schnell und einfach möglich ist. Zudem bedient sich die Informationsübertragung im Internet lauter Medienformen, die wir längst kennen: Text, Bilder, Ton, Videos. Die Besonderheit des Internets ist eher die massenhafte, niederschwellige Teilnahme. Die „alten“ Massenmedien, welche nur einer Überschaubaren Gruppe von Redakteur*innen, Journalist*innen usw. die Möglichkeit zu massenhafter Berichterstattung boten, haben ein gewisses Vertrauen in eine hohe Deckung zwischen den Verweisen der Berichterstattung und den Sachverhalten erzeugen können. Einerseits lag dies sicherlich daran, das die Konsument*innen der Berichterstattung eine überschaubare Anzahl an Quellen für Informationen über das eigene soziale Umfeld hinaus hatten, andererseits an der Struktur des Medienmarktes, welche durch die Konkurrenz der Medien zueinander eine möglichst genaue Berichterstattung erfordert.

Der jedoch somit falsche Glaube, dass Kommunikation allgemein „ja in irgendeiner Form die tatsächliche Wahrheit“ enthalten muss, sorgt nach der Ausbildung der Massenkommunikation via Internet dafür, dass jene Aussagen, die der eigenen Vermutung widersprechen abgewertet werden müssen. Andernfalls würden, jeweils individuell angenommene, Informationen gleichwertig widersprüchlichen Informationen gegenüberstehen. Die Fülle an Informationen im Internet erzwingt dadurch Selektionsmechanismen, die im Anschluss als „Echokammern“ oder „Filter-Bubbles“ bezeichnet und verteufelt werden. Diese Phänomene ziehen sich durch alle möglichen gesellschaftlichen Schichten und sind keinesfalls exklusiv den Anhängern bestimmter politischer Ansichten zu eigen.

Parallel und teilweise gemeinsam mit diesen Entwicklungen ist in den vergangenen Jahren ein massives Misstrauen gegen den Staat und die etablierten Medienformen und -anbieter entstanden. Damit einhergehend erfolgt eine (wie im oberen Absatz erläuterte) pauschale Abwertung jeglicher konträrer Informationen aus staatlichen Quellen oder der Berichterstattung etablierter Medien. In der kapitalistischen Gesellschaft, in der wir nun mal allesamt leben, ist der Medienmarkt zuallererst ein Markt: Verschiedene Anbieter*innen platzieren Produkte (also in diesem Falle primär Informationen) in der Hoffnung diese Verkaufen zu können. Im etablierten Mediensystem entsteht aus dieser Marktsituation eine gewisse Kontrolle durch die Konkurrenz der Medien untereinander: Berichtet etwa eine Zeitung eine Unwahrheit, können die anderen Zeitungen diese Unwahrheit „ausschlachten“ und dabei sowohl eine eigene Information produzieren, als auch eine*n Mitbewerber*in schwächen. Die o.g. Entwicklung des Misstrauens und der zeitgleiche technologische Fortschritt des Internet sorgten jedoch für einen rapiden Zuwachs an neuen Medienangeboten mit pauschaler Abgrenzung von allen etablierten Presseangeboten, einerseits zu einem bestimmten Teil sicherlich aus tatsächlicher Überzeugung der Anbieter*innen, andererseits aber auch ganz klar als Möglichkeit mit dieser Entwicklung Geld zu verdienen.

Denken wir also noch einmal zurück an den Anfang des Artikels, so müssen wir konstatieren, dass jegliche Sicht auf die Welt fast ausnahmslos nur medial vermittelt möglich ist und Mediengehalte nun mal, da sie Kommunikation durch Zeichen betreiben müssen (auch das Fernsehbild ist ein Zeichen, allerdings ein visuell sehr originalgetreues), hinterfragt werden können und damit keine „endgültige“ Wahrheit erzeugen können. Dieses Verständnis hat einen Skeptizismus unter Konsument*innen gefördert, den nun neue Medienangebote verwerten und dabei gerade die Differenz der Informationen in ihren Veröffentlichungen zu denen der Konkurrenz als Argument für den eigenen Wahrheitsanspruch einsetzen. Eine krasse Oposition zum etablierten Medienangebot ist dabei nötig um diesen Anspruch aufrecht erhalten zu können. Äußerst interessant ist dabei die Frage wie sich dies auf den Diskurs unter den Konsument*innen dieser Medienangebote auswirkt. Beispiele gefälligst? Bitteschön:

Nutzer*in: Heiko Stadler, Steuerzahler aus Bayern

Man sollte sich einmal die Demonstranten der NPD genauer ansehen. Ich habe den dringenden Verdacht, dass das Leute der linksextremen Parteien SPD und Grüne sind, die sich als NPDler ausgeben (was ja eigentlich auch gut zusammenpasst). Deren Strategie scheint es zu sein, alle Demos der Konservativen mit NPDlern zu durchmischen, damit es dann in den Medien heißt „Die marschieren zusammen mit der NPD“.

Quelle: Compact-Magazin

Unter einem Bericht auf der Website der Compact lässt der/die Nutzer*in Zweifel an der Existenz der NPD aufkommen. Hintergrund ist mutmaßlich die Angst vieler AfD-naher Demonstrant*innen durch das Schmuddelkinder-Image der NPD nicht mehr als rational-bürgerliche Stimme der nationalen Vernunft auftreten zu können. Nicht aber, dass sich mensch einfach von der NPD distanzieren könnte. Deren ebenso vorhandenes Interesse den Mord politisch auszunutzen wird komplett ausgeblendet. Die Anwesenheit der NPD auf der eigenen Demo wird verdrängt und zu einer strategischen Aktion der „linksextremen Parteien SPD und Grüne“ erklärt. Hihi, Joschka Fischer, Christian Ströbele und August Bebel gefällt das, Friedrich Ebert und Gustav Noske senden ein wütendes Smily.

Nutzer*in: Alex

Schrittweise Vernichtung der Deutschen wie im dritten Reich. Nur lässt das MERKEL die Drecksarbeit von Asylanten und Illegalen umsetzen! Die weiße Rose ans Rever

Quelle: Compact-Magazin

Puh, Alex ist ein harter Brocken. Ja, unter den 6 Millionen getöteten jüdischen Menschen im dritten Reich waren auch sehr viele deutsche Juden. Insofern gab es die „schrittweise Vernichtung der Deutschen“, allerdings wurde diese ja wiederum auch größtenteils exklusiv von Deutschen umgesetzt. Und das Deutsch-Sein war vorrangig entscheidender Faktor um Teil des Vernichtungsapparates zu sein, nicht um vernichtet zu werden. Da waren die entscheidenden Faktoren: Jüdisch sein, die Vermutung jüdisch zu sein, jüdische Vorfahren zu haben, als Sinti oder Roma zu gelten oder der Homosexualität bezichtigt zu werden (das sei hier nur als Ausschnitt der perversen Selektionslogik zu sehen). Die Vernichtung geschah ungeachtet der Nationalität.

Angela Merkel fungiert zudem als zentrale Person in der Vernichtungsfantasie der/des Nutzer*in, interessant ist, dass deren Einsatz von „Asylanten und Illegalen“ den Kontrast zu der „Vernichtung der Deutschen [..] im dritten Reich“ darstellt. Interessant wäre es an dieser Stelle, was aus Alex Sicht den Kontrast darstellt. Meint er, dass es im dritten Reich die Deutschen selbst waren, die die Deutschen vernichtet haben? Oder zielt er damit auf die Befreiung Deutschlands durch die Alliierten und die dabei zu Tode gekommenen Deutschen ab? Die letzte Aussage deutet tatsächlich auf die erste Deutung hin: „Die weiße Rose ans Rever [sic!]“. Zitat aus dem ersten Flugblatt der Widerstandsbewegung: „Vergeßt nicht, daß ein jedes Volk diejenige Regierung verdient, die es erträgt!“. Damit schließt sich ein Kreis zum vorherigen Kommentar: Nazis wollen die Kommentierenden auf keinen Fall sein, eine differenziertere Weltsicht kennen sie bisher aber auch nicht. Ergo wird die aktuelle Regierung mit der des dritten Reiches gleichgesetzt und die Deutschen, die sich noch vor 80 Jahren beinahe geschlossen für die Ausrottung des Judentums anstrengten, werden in ekeliger weise ihren eigenen Opfern gleichgestellt.

Zuletzt habe ich noch eine etwas längere Konversation gefunden, die zeigt, wie mit konträren Informationen umgegangen wird. En détail werde ich das ganze nicht besprechen, sonst verhaut mich der Layouter, aber insbesondere auf diese Verdrängung werde ich nochmal kurz eingehen. Hier allerdings zuerst einmal die Konversation in voller Länge:

Nutzer*in: Unser Lehrer

„Erreicht der im Osten des Landes entstandene Impuls des Widerstands nun endlich auch Westdeutschland? “

Mit einem Wort = Nein ! Zur Begründung =
Erster Teil =
“ Die angebliche „Bürgerdemo“ basiert auf Organisatoren, die der AfD zuzurechnen sind. Nach Recherchen des RheinNeckarBlogs ist beispielsweise Christiane Christen, frühere stellvertretende AfD-Landesvorsitzende und im Rhein-Pfalz-Kreis aktiv, involviert. Das angebliche „Frauenbündnis Kandel“ ist eine politische Tarnkappe.
Wer sind die Organisatoren des „Frauenbündnis Kandel“? Anmelder der Demo mit rund 1.000 Teilnehmern in Kandel (9.000) Einwohner ist ein Marco Kurz, der aus Mannheim stammen soll und von der Tageszeitung „Die Rheinpfalz“ in der „Reichsbürgerszene“ eingeordnet wird. Herr Kurz selbst sprach bei der Demo von einer „Anmelderin“.

Nutzer*in: Unser Lehrer

Zweiter Teil =

Zum Ende der Veranstaltung wies Herr Kurz darauf hin, dass man sich zu weiteren Demos, beispielsweise am 3. März wieder in Kandel, auf der Website kandel-ist-ueberall.de informieren könne. Diese Seite verfügt über kein Impressum, wird allerdings von einer Vitamin C GmbH, einer Werbeagentur in Speyer, betrieben. Deren Geschäftsführerin ist Christiane Christen, bis Jahresende 2017 stellvertretende Vorsitzende der AfD Rheinland-Pfalz.

Unter den Redner/innen waren auch die baden-württembergische Landtagsabgeordnete Dr. Christina Baum (AfD) sowie die frühere AfD-Stadträtin Myriam Kern (Landau). Weiter trat der Mannheimer Werbefilmer Imad Karim auf. Für den erfolglosen AfD-Bundestagskandidaten Dr. Malte Kaufmann (Heidelberg) hatte er einen Imagefilm gedreht.
Tatsache ist: Das „Frauenbündnis Kandel“ ist keine bürgerliche, parteiferne Organisation. Dahinter stecken Protagonisten aus dem rechten bis rechtsextremen Lager. Was nicht heißt, dass die Teilnehmer allesamt über den rechtsextremen Kamm geschoren werden können.“

Nachzulesen (und weitere Informationen) im RheinNeckarBlog vom 29.01.2018

Nutzer*in: Andreas Walter

Sicher, Herr Oberlehrer. Und Adolf wurde von den Russen geklont und wird demnächst aus dem Kälteschlaf geweckt. Oder entsteigt einer Reichsflugscheibe die vom Sirius kommt. Mit weiteren 6 Millionen geklonten Elitesoldaten der SSS, alle ausgerüstet mit den neuesten Wunder- und Nebelkerzen.

Interessiert aber eh keinen mehr, wer den Widerstand jetzt wie organisiert, solange er die Probleme löst, die andere uns eingebrockt haben. Nämlich Spinner wie sie.

Nutzer*in: Manfred aus München

na, wenn Sie das in unseren Qualitätsmedien, wie dem RheinNeckarBlog gelesen haben, wird’s wohl so sein, Herr Oberlehrer. Alles was aufmuckt, ist Nazi. Ganz schwacher Vortrag … sie sollten mehr Prosa reinbringen, und vor allen Dingen, mehr unabhängige Quellen zitieren. Aber das würde ein anderes Ergebnis bringen, gelle? und wer will das schon.

Schönen Gruß aus München

Nutzer*in: Jeder hasst die Antifa

Und was sagen sie dazu das die Linke und die Grünen mit ihren Parteien samt Gewerkschaften immer die Gegendemos der Antifa Veranstalten und finanzieren, da ist es zurecht wenn die AfD Bürgerbewegungen unterstützt oder sollte die AfD die Mörderparteien unterstützen. wie der kaputte Bürgermeister von Kandel.

Nutzer*in: 006

<i>Tatsache ist: Das „Frauenbündnis Kandel“ ist keine bürgerliche, parteiferne Organisation. </i>

Also wenn ich Sie richtig verstanden habe, ist ‚Protest gegen das Abschlachten dieser 15jährigen‘ – deren Todeskampf, wie ich kürzlich las, 15 Minuten gedauert hat, in denen sie zuckend auf dem Boden … nun ja, herumzuckte eben – ist also nur und erst DANN l-e-g-i-t-i-m bzw. s-e-r-i-ö-s, wenn er von politisch völlig Desinteressierten/ Unorganisierten kommt??

Ja, da kann man eigentlich nur noch wünschen, daß diese 1000 Leute – oder wieviele es auch tatsächlich gewesen sein mögen (die Veranstalter sprachen von 2000) – diese ihre Ansicht möglichst zahlreich zu lesen bekommen, damit ihnen vielleicht doch noch mal ENDLICH ein Licht aufgehe, mit was für einer charakterlosen, vollkommen irrsinnigen und bis ins Mark – und darüber hinaus – krank ideologisierten Brut sie es auf der Gegenseite zu tun haben.

Ich lese seit Jahrzehnten immer wieder, der Nationalsozialismus sei ‚Deutschlands dunkelste Zeit‘ gewesen; heute denke ich, die BRD … ist ‚Deutschlands dunkelste Zeit‘ – und Sie uns ihresgleichen sind die Hohepriester dieser absoluten UNZEIT!!

Nutzer*in: odin 58

@Unser Lehrer
Ihr Benutzername macht deutlich, wo eine der vielen Ursachen unseres kulturelen und geistigen Verfalls liegen.
War die Lehrerschaft in Vergangenen Zeiten ein Hort des Patriotismus, so ist sie heute von Leuten Ihres Kaliberes durchdrungen. (Der Anstand hindert mich daran, den Ausruck „versifft“ ohne Klammern zu schreiben).
Ihresgleichen haben der armen Mia die Flausen von „alle Menschen sind gleich“ in den Kopf gesetzt, so daß sie die angeborene Vorsicht dem Fremden gegenüber vergessend, sich ihrem Mörder an den Hals warf.
Sie reihen sich nahtlos in die Riege der uns „regierenden“ Vaterlandsverräter ein!

Nutzer*in: LangerDeutscher

Habe aufgrund ihres Kommentars auch nachgelesen. Es existieren noch weitere Quellen. Die Info von ihnen stimmt. Das Vorgehen der AfD in diesem Fall ist so was von perfide. Sie belügen mit dieser Aktion ihre Wähler.

Nutzer*in: 006

<I>Das Vorgehen der AfD in diesem Fall ist so was von perfide. Sie belügen mit dieser Aktion ihre Wähler.</i>

Ach, und Sie … sind also ‚der Gehülfe‘ von ‚Unser Lehrer Dr. Specht‘, ja? Vielleicht erklären Sie dem ergriffen lauschenden Publikum dann noch mal gerade eben, WARUM es PERFIDE ist, wenn AfD-Parteimitglieder/funktionsträger vor Ort eine politische Demonstration organisieren?! Also bitte, ich höre … (noch nichts)!

 

Der Fokus liegt für mich weniger auf den Informationen des/der Nutzer*in „Unser Lehrer“, sondern auf den Reaktionen der anderen Nutzer*innen. Diese bestehen im ersten Kommentar aus einem Angriff auf die Person („Herr Oberlehrer“) gefolgt von offensichtlich abstrusen Behauptungen („Adolf wurde von den Russen geklont“ usw.). Damit soll deren offensichtlich irrationale Gehalt den Informationen von „Unser Lehrer“ gleichgesetzt und damit als deutlich fantasiert dargestellt werden. Im zweiten Kommentar von „Manfred aus München“ wird dann die Quelle der Aussagen angegriffen und der/dem Nutzer*in „Unser Lehrer“ die Anwendung der Nazikeule vorgeworfen (die so nicht in dessen Kommentar zu finden ist). Das Profil mit dem Namen „Jeder hasst die Antifa“ kontert die Information, dass möglicherweise die AfD die Demonstrationen öffentlich ablehnt und insgeheim unterstützt, mit einer gegensätzlichen Information. Wenig überraschend, im Hinblick auf den Usernamen, ist es die Information, dass Grüne und SPD die Antifa finanzieren würden. Gleiches wäre nach dieser Logik also mit Gleichem vergolten. Nun holt Nutzer*in „006“ zu einem langen Kommentar aus. Zuerst wird äußerst plastisch der Todeskampf der Ermordeten vorangestellt , folgend instrumentalisiert, um dem eigenen Argument Gewicht zu verleihen. Daraufhin werden Umsturzfantasien ausgemalt und schließlich, analog zu Nutzer*in „Alex“ weiter oben, die Zeit des dritten Reiches an der aktuellen Situation relativiert. Schließlich wirft „odin 58“ dem Profil „Unser Lehrer“ auch noch Beihilfe zum Mord vor. Als liberale*r Lehrer*in, der Kinder falsche Vorstellungen über die Gefahr des Fremden gemacht hätte, trüge diese*r eine Mitschuld am Tod der Schülerin. Völlig unklar ist zu diesem Zeitpunkt, ob „Unser Lehrer“ wirklich ein Lehrer ist, ebenso wie „odin 58“ vermutlich keine Gottheit oder „006“ Geheimagent*in ist. Lediglich „Manfred aus München“ und „Jeder hasst die Antifa“ bleiben real oder wirken zumindest glaubhaft in der Wahl das Nutzer*innennamens.

Nun kommentiert noch ein „LangerDeutscher“, dass die Informationen ja evtl. doch zutreffen könnten. „006“ allerdings erklärt das Profil zum Komplizen von „Unser Lehrer“ und erklärt es nun auch für überhaupt nicht schlimm falls diese Informationen stimmen würden. Diese Erklärung steht im starken Widerspruch zum zuvor betriebenen Aufwand zwecks Abwehr der nun akzeptierten Information.

Die Mechanismen der Selektion von Informationen im Internet lassen sich bereits an diesen drei Beispielen recht gut aufzeigen und nachvollziehen. Wer Lust hat kann gerne noch weitere Beispiele in der zitierten Kommunikation finden. Fraglich ist, wohin diese Entwicklung führt. Die Demos in Kandel stellen Verknüpfungen aus der Online-Sphäre in die „reale“ Welt dar. Die extremisierten Ansichten und vor allem die Menschen mit diesen Ansichten finden darin die Möglichkeit zum Austausch, zur Bestätigung ihrer Gedanken, einem Gefühl der Stärke und Verbundenheit in der gelebten Masse auch außerhalb der Online-Kommunikation und zur Bildung von Gruppen und Organisationen, deren Mitglieder ein Gedankengut, bzw. Weltbild, an den Tag legen, dessen Mehrheitsfähigkeit in allen halbwegs zivilisierten Ländern einen Asylgrund darstellen dürfte. Zumindest hoffe ich das, denn in diesem Fall bleibt für mich letztlich nur die Emigration.

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