Der Härtefallantrag

Die menschliche Ausnahme von der Regel

Mantis auf einer Raststätte bei Lyon
Fast so gnadenlos wie eine Studienordnung ohne Härtefallregelung: die Mantis.

Für Prüfungen lernen ist anstrengend und zeitintensiv, wir kennen das alle. Manche Prüfungen sind auch ordentlich schwer und stehen im Verdacht, sog. „Aussiebeklausuren“ zu sein. Und manchmal hat mensch am Termin der Prüfung auch einfach einen Totalaussetzer (im Extremfall einen Backflash vom letzten Pilztrip – real talk, war ein entfernter Bekannter). All das kann dazu führen, dass Ihr eine Prüfung nicht besteht. Das ist natürlich unangenehm, muss mensch den ganzen Stoff nochmal (und unter Umständen gründlicher) lernen, stellt auf Grund der mehrfachen Versuche aber kaum ein existenzielles Drama dar.

Doch was passiert, wenn kurz vor Eurer Prüfung etwas schreckliches passiert? Beispielsweise der Tod eines nahen Familienangehörigen oder die schwere Krankheit der Ehefrau, wie es einem Eurer Kommilitonen ergangen ist? In der Regel sind hierfür Härtefallregelungen angedacht. Es ist durchaus sehr elementar wichtig, dass die Regelungen für das Studium für alle gleich gelten, gar keine Frage. Würden die Sprößlinge eines/einer wohlhabenden Gönners/Gönnerin der Universität plötzlich fünf Versuche statt drei pro Prüfung schreiben dürfen, so wären vermutlich alle anderen eher ungehalten ob dieser Ungleichbehandlung. Etwas anders dürfte es sich jedoch Verhalten, wenn ein*e Kommiliton*in von einem der o.g. Schicksalsschläge betroffen ist. Vermutlich niemand würde ernsthaft dagegen protestieren ihm oder ihr noch eine weitere Möglichkeit zum Bestehen der Prüfung einzuräumen. Und genau dafür sind die Härtefallanträge eben da: Eine Ausnahme von der Regel ermöglichen unter der Voraussetzung, dass es dafür gute Gründe gibt.

Um dies zu gewährleisten werden Härtefallanträge durchaus etwas aufwendiger geprüft. Die genauen Bedingungen legen die Fakultäten in der jeweiligen Prüfungsordnung fest. In der Regel muss dem Antrag und der Begründung jedoch durch den zuständigen Prüfungsausschuss stattgegeben werden. Einen exakt definierten Bedingungskatalog gibt es also nicht, sondern jeder Härtefallantrag wird individuell behandelt. Todesfälle im direkten Familienumfeld, besondere Pflegeerfordernisse bei direkten Angehörigen oder eigene traumatisierende Erfahrungen stellen mit hoher Wahrscheinlichkeit Gründe für eine Annahme des Antrages dar. Das anlassstiftende Ereignis muss zeitlich ausreichend nahe zum Termin der Prüfung liegen, ein Todesfall eines Elternteils vor zehn Jahren dürfte erwartungsgemäß also kein ausreichender Grund sein.

Die zutiefst menschliche Komponente des Härtefallantrages liegt also in der Abwesenheit eines konkret zu interpretierenden Regelkataloges, sondern in der von Menschen zu treffenden Entscheidung über seine Genehmigung. Damit schafft er die Möglichkeit, in einem strikt verwalteten Bereich des Studiums, der an einigen Stellen durchaus auch die Chancengleichheit der Studierenden gewährleistet, auf die regulär nicht abbildbaren Unwägbarkeiten des Lebens reagieren zu können.

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