Landau: Bilder einer Stadt

Copyright: Yann Schosser

Moin, ich nehme Euch heute mal mit auf einen kleinen Samstagsspaziergang durch die Wirtsstadt
unserer Universität. Mein Augenmerk liegt dabei auf den unterschiedlichen Werbeangeboten am
Straßenrand, von denen ich Euch einige Perlen nicht vorenthalten möchte. Der Weg zieht sich vom
Ortseingang Landau-Süd zur Universität und bietet so manches Schmankerl. Viel Spaß!

Es ist wieder Wahlkampf, diesmal um den Landrat für den Landkreis südliche Weinstraße. Und was
im Großen klappt, sehen wir nun im Kleinen: Nachdenkliche Gesichter mit Sprüchen, Torsten
Blank demonstriert den Trend ganz lässig. Neben Seinem Konterfei prangt, hochkant ausgerichtet,
das Wort „Vertrauen“. Es stellt sich die Frage, wofür das Wort steht, denn Vertrauen ist ein Wert,
den mensch nicht unbedingt als Wahlversprechen ausgibt. Eher klingt es nach einer Aufforderung
an die Wähler*innen, dem abgebildeten das Vertrauen zu schenken. Das Plakat provoziert bei mir
die Frage, weshalb dem guten Mann denn nun vertraut werden soll. Argumente liefert das Plakat
eigentlich nur in Form dessen, was wir sehen: Das, gefasst der betrachtenden Person
entgegenblickende, Gesicht mit staatsmännischer Miene, die seriöse Brille und der gut sitzende
Anzug. Wenn das nicht mal ein repräsentatives Beispiel der repräsentativen Demokratie ist weiß ich
auch nicht weiter.

Aber halt, es gibt ja auch noch eine Rückseite. Endlich erfahren wir, wofür der Kandidat steht,
nämlich „Vertrauen, Zusammenhalt, Fortschritt“. Puh, das sind schon sehr gehaltvolle Worte,
fraglich, ob sie getrennt oder gemeinsam zu verstehen sind. Müssen wir uns alle gegenseitig
Vertrauen schenken, damit es mit dem Zusammenhalt klappt und der Fortschritt gelingen kann?
Welcher Fortschritt? Im Landkreis? Wie schön! Und endlich kommt der gute Torsten auch ein
bisschen aus sich heraus und zeigt uns ein Lächeln, das beinahe in ein herzhaftes Lachen übergeht.
Aber wer so erfolgreich schafft auf 8 Quadratmetern so wenig Inhalte unterzubringen, der darf sich
auch schon mal freuen.

 

 

Ein paar Meter weiter fällt mir dann auf, dass die Zigarettenreklame an der Bushaltestelle dem
Vandalismus anheim gefallen ist. Generell muss der Job als Werbefachmensch für Zigarettenmarken
ziemlich öde sein: Die Zielgruppe ist immer fest definiert (junge Menschen zwischen 15 und 25
Jahren, oder kennt Ihr viele Menschen, die nach dem 25ten Lebensjahr noch das Rauchen
anfangen?), das Produkt wandelt sich alle 10 Jahre mal und man darf nicht mal mehr Videos drehen.
Die größte Herausforderung ist es dabei, es nicht allzu unverschämt danach aussehen zu lassen, als
würde mensch darauf abzielen Minderjährige abhängig zu machen. Der unbekannterweise
künstlerisch aktive Mensch hat nun die Aussage der Werbung („20 WAYS TO OPEN UP“) mit
einem eigenen (zugegebenermaßen in der künstlerischen Gestaltung mindestens kritisierbaren)
Statement versehen. Die neue Aussage der Werbung liest sich nun „20 WAYS TO Kill Yurself“. Die
Englische Sprache hatte sicher schon bessere Tage, im Vordergrund der Betrachtung sollte aber die
inhaltliche Komponente des Eingriffs betrachtet werden. Falls mich nicht alles täuscht, bedeutet
„WAYS“ nicht Möglichkeiten (das wären „opportunities“), sondern meint jeweils voneinander
unterscheidbare Vorgänge. Da nicht jede einzelne Kippe die üblichen tödlichen Erkrankungen
(Lungenkrebs, Herzinfarkt etc.) auslösen kann, sondern hier die Summe aller gerauchten Zigaretten
anzunehmen ist, müssen wir ein wenig kreativ werden, um in einer Schachtel Zigaretten das volle
selbstmörderische Potential zu erkennen. Mir fällt jetzt allerdings spontan nur ein, dass eine einzige
Zigarette, in einem Glas Wasser aufgelöst und getrunken, eine tödliche Nikotin-Überdosis herbeiführt und ich eine Zigarette mit viel Mühe wahrscheinlich so in meine Atemwege basteln
kann, dass ich irgendwie ersticken dürfte. Das wären also drei unterschiedliche Wege mich
umzubringen, mich würde nun wirklich reizen die/den unbekannte/n Künstler*in zu treffen um
meinen geistigen Horizont zu erweitern. Nichtsdestotrotz imponiert mir der radikale
Gestaltungsansatz des öffentlichen Raumes, ins Zimmer hängen würde ich mir so etwas aber nicht.

Aus dem Schaufenster eines Bestattungsunternehmens grüßt mich kurz darauf dieses, „Oma Helga“
-Grabkreuz. Ein Traum an kundenorientierter Werbung! Ganz ehrlich, ich glaube kein Mensch will
sich „Opa Yann“ auf den Grabstein schreiben lassen (oder Euren Namen, müsst nicht meinen
nehmen), die Werbung zielt also auf die Angehörigen, und, genauer, auf die lieben Enkelkinder ab.
Geil, so ein unverkrampfter Umgang mit Omas Ableben kann ja durchaus ein guter Ansatz zur
Trauerbewältigung sein. Ich stelle mir das Verkaufsgespräch dann ungefähr so vor: „Na, soll die
Oma in dem laaangweiligen Eichensarg mit Metallgriffen begraben werden, oder in dem coooolen
Teakholzsarg mit Goldbeschlägen und eingebauter Massagefunktion?“ „Den Teakholzsarg, den
Teakholzsarg!!“ „Und wollt Ihr euch mal reinlegen?“ „Jaaaaaaaa!!!“.

 

Zum Abschluss fällt mir dann auch nur noch dieses Bild von einem Briefkasten in der Nähe der Uni
ein. Wenn sie so unterhaltsam ist, darf‘s auch gerne mal etwas mehr davon sein. Prost!

 

 

 

 

 

 

 

 

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