Symbiose ist eine faszinierende Funktion in der Natur und da Mensch die Natur gerne mimikriert, finden wir diesen Zustand beidseitiger Nutzung auch in der modernen Geschäftswelt. Als ich die Galerie Katrin Hiestand betrete zeigt sich eine Ausformung dieser Geschäftssymbiose. Architektur und Kunst vereint in einem Ort. Ein Zusammenarbeiten, um sich wechselseitig zu unterstützen, kreativ zu befruchten und gemeinsam den Alltag zu bestreiten. Eine geschäftliche Vermählung für Vorteile beider Seiten. Einerseits kann ein Bauherr unerwartet ein Kunstwerk für sein zukünftiges Haus finden und andererseits ist die kreative Umgebung in der Lage, neue Denkanstöße bei der Arbeit am Zeichenbrett zu ermöglichen. Ein heller Raum mit klaren Kanten und Linien entfaltet sich vor mir. Hell muss es für die Betrachter und die arbeitenden Architekten sein. Die Wände sind bestückt mit verschiedensten Druckgraphiken. Ein kurzer Gang ins Innere und ein flüchtiger Blick sind vergönnt, bevor mir eine junge, schlicht schwarz gekleidete Frau aus dem hinteren Teil der Galerie entgegenkommt und mich herzlich begrüßt. Es ist die Galeristin Katrin Hiestand. Trotz ihrer baldigen Mutterpause hat sie sich Zeit genommen, um mit uns über die Galerie und die erste Landauer Kunstnacht zu reden. Fokussiert und erfreut über den Besuch lädt sie zum Kaffee ein und wir setzen uns zu einem Plausch nieder.
Frau Hiestand startete früh und entschieden nach ihrem Studium der Kunstgeschichte und Multimedia in den Schnittpunkt des Kunstmarkts, die Galerie, hinein. Die Anlaufstelle von Sammlern auf der einen Seite und Künstlern an der Anderen. Nach einem zweijährigen Volontariat bei einer Galerie in Köln ging sie mit einer eigenen Galerie im Herzen Landaus auf Tuchfühlung mit der Selbständigkeit. Im Oktober letzten Jahres konnte sie mit ihren Architekturpartnern neue und größere Räumlichkeiten beziehen. Größere und moderne Räume mit einem offenen und hellen Konzept sind seitdem die Grundlage dieser faszinierenden Symbiose.
Nach einem heiteren wechselseitigen Vorgeplänkel geht es mehr ins Detail. Ob sich der Wandel im Kunsthandel manifestiert durch immer höhere Rekordpreise für Kunstwerke und die Entwicklung des Kunstwerks zum reinen Sammlerobjekt auch kleinere Galerien unter Druck setzt wird verneint. Keck wird angemerkt, dass ihres Wissens noch keine Angebote von mittelständigen Galerien vorliegen. Die Akkumulation, welche viele Branchen durchzieht, scheint noch nicht im Kunsthandel in Landau angekommen zu sein. Eine Chance, welche genutzt werden sollte. Allgemein höhere Fixkosten, welche auf der steigenden Inflation beruhen, sowie steigende Preise, sind aber, wie bei jedem kleineren Unternehmen, drückendes Schuhwerk. So müssen aber auch die Künstler höhere Preise für ihre Bilder verlangen und so dreht sich die Kostenspirale weiter. Zusätzliche Arbeit bedeutet die neu in Kraft getretene Datenschutzverordnung. Die neuen Vorschriften, welche umgesetzt werden müssen, bleiben in kleinen Unternehmen meist an den Eigentümern hängen, ergo haben diese einen unbezahlten, erhöhten Zeitaufwand. Ein ärgerliches Problem. Es sind allgemein wirtschaftliche Probleme, mit welchen die Galerie zu kämpfen hat.
Kunst für jedermann? Ist die Parole von Beuys und der Pop-Art ein Stückchen weiter Realität geworden? Können sich mehr Leute Kunst kaufen und wollen sie es auch? Kunst ist erschwinglicher geworden und durch die steigende Anzahl von gewerblichen Künstlern gibt auch mehr Kunstwerke, aber umgekehrt gibt es nicht unbedingt mehr Käufer. Größere Verwerfungen bei ihrem Kundenstamm sind nicht zu beobachten. Auf den Kunstveranstaltungen ist durchweg der selbe Schlag an Menschen anzutreffen. Es wirkt etwas versteinert, der Kunstmarkt und seine Kunden. Wie kommt es zu diesem Phänomen? Es geht um eine Wertschätzung der Kunst. Kunst hat zunächst keinen Mehrwert und trotzdem einen spezifischen Wert für jeden, der etwas Schönes darin entdeckt. Kunst war in der praxisorientierten Nachkriegsgeneration ein Randvermerk der Gesellschaft. Durch die Verbreitung und das Tragen der Kunst in die Öffentlichkeit hinein ist sie immer weiter in den breiten Mittelpunkt getreten. Es liegt an der heutigen Generation, Kunst weiter für die breite Masse zu öffnen und erfahrbar zu machen. Kunst muss nur Kunst sein. Die Verantwortung, diese künstlerische Diversität zu erhalten und zu erweitern, liegt an dieser Generation. Hierzu ist der unregelmäßige Gang ins Museum schon Ausdruck dieser Verantwortung.
In der ersten Landauer Kunstnacht freut sich die Galeristin, mit ihrer langjährigen Freundin Prof. Tina Stolt zusammen eine Ausstellung für dieses Event kuratiert zu haben. Das Event soll einen anderen Zugang zu Kunst ermöglichen und mit seinem Eventcharakter in der Öffentlichkeit Aufmerksamkeit bekommen. Bedingt durch ihre Schwangerschaft war sie gezwungen, ihre Galerieaktivitäten in letzter Zeit etwas zurückzustellen, daher kam die Zusammenarbeit mit der Universität zum rechten Zeitpunkt. Sie machten aus der Not eine Tugend und ermöglichten es Studenten, in einem neuen Kontext auszustellen und unter den professionellen Augen einer Galeristin geprüft zu werden. In der Kunstnacht soll der Mittelpunkt die Kunst in all ihren Ausformungen sein, das war spezifischer Wunsch der Veranstalter, an deren Planung und Innitiation auch die Galerie Hiestand beteiligt war. Um den diversen Verbannungsorten gerecht zu werden, wurde kein übergeordnetes Thema für diesen Abend gesetzt. Kunst soll nicht reglementiert werden, so das Motto. Es ist das erste Experiment dieser Art in Landau. Ob Kunst in Symbiose im Eventkleid in Landau ankommt, wird sich am Freitag zeigen. Die Auswahl der Werke für die Ausstellung ging durch die gemeinsamen Augen von Frau Hiestand und Frau Prof. Stolt. Eine Auswahl, die nur Kunstwerke, welche handwerklich perfekt und kreativ anregend sind, beinhaltet, fand ihren Weg an die Wände. Das Besondere ist, dass der Großteil der mannigfaltigen Arbeiten aus einem Seminar stammt. Hier zeigt sich das fokussierte Programm der Universität in der breitgefächerten Druckgraphikausbildung. Dieser Bereich nimmt in den Augen von Frau Hiestand an der Universität besonders unter der Leitung von Frau Prof. Stolt eine Vorreiterrolle ein. Das gute handwerkliche Niveau ist daher abzuleiten.
Drei beschreibende Wörter für die Ausstellung suchte ich am Anfang des Gesprächs, um das Konzept der Ausstellung in verdichteter Form zu definieren. Diese fanden wir am Ende der Konversation in den Worten: Match, Experimentierfeld und Vielseitigkeit. Match soll das Zusammentreffen von kommerzieller Galerie und dem Ausbildungsort Universität beleuchten. Vielseitigkeit deutet auf die unzähligen verschiedensten Drucktechniken und Unterschiedlichkeiten der Kunstwerke hin. Experimentierfeld hingegen umschreibt, dass diese neuartige Idee noch ein Feld des Ausprobierens für die Galerie und die Universität ist. Ein unbeschriebenes Blatt, welches jetzt zusammen bemalt, ausgearbeitet und erstellt wurde.
Der Kaffeesatz schimmert dröge auf dem Tassenboden. Es war ein aufschlussreiches und aufgewecktes Gespräch mit einer jungen Galeristin, die eine Vision für sich und die Kunst an sich hat. Überzeugt euch selbst, streift morgen von 19 -24 Uhr durch das Landauer Kunstleben. Man kann gespannt sein, was die Orte alles zu bieten haben.
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