Ungleich geteilt

Von Luna Buhmann

Foto von Bhautik Patel auf Unsplash

Morgens stehe ich in der Küche und bereite mein Frühstück vor: Hafermilch mit Haferflocken, ein Frühstück mit einem CO2- Abdruck, der sich sehen lässt. Ich fülle meinen Kaffee in einen Thermobecher und wickle mein Brot in ein Wachstuch ein, denn Alufolie und Plastiktüten sind aus der Mode gekommen. In meinem Thailandurlaub vor ein paar Wochen sah das noch anders aus. Ich denke daran, wie viele Plastikflaschen dort verbraucht werden und wie viel Müll am Straßenrand herumliegt. Auf dem Markt werden die Speisen in Plastikboxen verpackt, in einer Plastiktüte verstaut und die Getränke ganz klassisch mit einem Plastikstrohhalm garniert.

Das steht im Gegensatz zu meinen Erfahrungen in Deutschland. Seit Jahren scheint das Umweltbewusstsein in der westlichen Welt zu wachsen, so sind Wegwerfprodukte wie Plastikstrohhalme oder Plastikgeschirr schon seit 2021 in der gesamten EU verboten. Klimaschutz ist allgegenwärtig und besonders junge Menschen müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, welche Zukunft unsere Erde hat und wie sie den Planeten schützen können. Jugendliche gehen seit Jahren auf die Straße, um für Umweltschutz und einen besseren Umgang der Politik mit umweltbezogenen Fragestellungen zu demonstrieren. Umweltbewusstsein ist zu einem moralischen Maßstab geworden, der bestimmt, wer wir sind. Zukunftsorientierte Denker handeln umweltbewusst, wer weiterhin Plastiktüten verwendet und seine Tomaten im Plastikeimer kauft, dem ist die Zukunft der Menschheit offenbar egal. Denkt man so, muss man sich die Frage danach, ob den Menschen in anderen Ländern die Zukunft der nächsten Generationen egal ist, stellen. Leben sie rücksichtslos und nur darauf bedacht, schnelle Lösungen für tiefgreifende Probleme zu finden?

Ich persönlich beantworte diese Frage mit Nein und komme immer mehr zu dem Schluss, dass Umweltschutz ein Privileg ist – nicht nur in ärmeren Ländern, sondern auch in der deutschen Gesellschaft.

Lebensmittel im Bio-Supermarkt zu kaufen, ethisch gefertigte Kleidung zu tragen oder eine Photovoltaikanlage zu nutzen sind nur wenige der vielen Beispiele, wie wir uns nachhaltig verhalten können. All das hört sich schön an, kostet aber eine Menge Geld. Bio-Lebensmittel sind in der Regel teurer als konventionell gefertigte Produkte, Lebensmittel werden umweltschonender angebaut, Betriebe stärker kontrolliert und die Tierhaltung findet möglichst artgerecht statt – all das hat seinen Preis. Diesen können viele Menschen nicht bezahlen, in Deutschland aber auch in anderen Ländern. Ärmere Länder wie Thailand, wo das Lohnniveau deutlich niedriger ist als in europäischen Ländern, haben meist nicht die nötigen Strukturen, um den Menschen nachhaltiges Verhalten zu ermöglichen. Abfallentsorgungssysteme fehlen und Leitungswasser kann nicht getrunken werden. Die Menschen verhalten sich nicht nachhaltig, es fehlt ihnen schlicht und einfach die Möglichkeit dazu. Außerdem haben nicht alle Zugang zu Umweltbildung, sie ist meist Teil höherer Bildung, die auch in Deutschland nicht alle erfahren.

Das alles bedeutet nicht, dass nicht jeder einzelne Verantwortung für den Schutz unserer Umwelt übernehmen sollte. Für mich bedeutet es jedoch ebenso, dass jeder Mensch die Verantwortung trägt, die seine Ressourcen ermöglichen. Besonders global liegt eine differenzierte Verantwortung vor, reichere Länder haben ihre wirtschaftlichen Erfolge unter anderem auf Kosten ärmerer Länder erzielt, was uns westlichen Bürger per se in die Verantwortung bringt, nachhaltiger zu handeln. Besonders die Kolonialzeit hat einen Grundstein dafür gelegt, dass die Welt auch heute noch von Ungleichheiten geprägt ist. Reichere Länder profitieren bis heute von Strukturen, die auf Ausbeutung, Abhängigkeit und ungleichem Zugang zu Ressourcen beruhen. Auf dem Papier sind die ehemaligen Kolonien zwar unabhängig, in der Realität jedoch beherrschen internationale Konzerne viele ärmere Länder und haben dort unter anderem eine hohe Umweltverschmutzung und schlechte Arbeitsbedingungen zu verantworten. Nicht nur der globale Süden ist von sozialer Ungleichheit betroffen, auch hier in Deutschland ist die Verantwortung unterschiedlich verteilt. Wer einen höheren sozioökonomischen Status hat, kann teurere, nachhaltigere Produkte erwerben und Klimaschutzmaßnahmen besser umsetzen. Das zieht aber keinen Menschen aus der Verantwortung, auch für finanziell schlechter aufgestellte Personen gibt es Möglichkeiten, den Alltag umweltbewusst zu gestalten. Stoffbeutel statt Plastiktüte, weniger Fleisch essen oder saisonale Lebensmittel kaufen – all das kann jeder von uns umsetzen, ohne tief in den Geldbeutel zu greifen.

Ich finde es dennoch wichtig, zu betonen, dass es keinesfalls um Perfektion geht, sondern darum, dass jeder Mensch seinen Teil zu einem nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen der Erde beiträgt. Diese Verantwortung ist nicht gleich groß, sie hängt davon ab, in welchem Teil der Welt wir geboren werden, welchen sozioökonomischen Status unsere Familie hat und welche Bildung wir erfahren. Ich komme so zu dem Schluss, dass man schlecht vergleichen kann, was Menschen in anderen Ländern für den Umweltschutz tun, sind ihre Möglichkeiten doch meist begrenzt und profitieren Industrienationen von den fehlenden Gesetzen zum Klimaschutz in ärmeren Regionen. Unsere Verantwortung wahrzunehmen und unseren Beitrag zu einem höheren Umweltbewusstsein beizutragen, das sind wir allen Menschen und unserer Erde schuldig. Wenn wir uns im Rahmen unserer Möglichkeiten Mühe geben, die Umwelt zu schützen, dann machen wir bestimmt nicht alles perfekt. Doch wir nehmen unsere Verantwortung an und meiner Meinung nach ist es das, was zählt.

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