Endlich. Das überraschende Gerichtsurteil des OVG Münster erwirkte den lang ersehnten Rodungsstopp. Bis mindestens März 2019 dürfen demnach keine Bäume gefällt werden. Von April bis Oktober ist ebenfalls Ruhe. Artenschutz lässt grüßen. Ein weiteres Jahr soll der Wald nun sicher sein. „Feiern und Fordern“ lautete eines der vielen Mottos am Folgetag des Urteils im Hambacher Forst; gefordert wurden insbesondere der Erhalt des Waldes und ein deutschlandweiter Kohleausstieg bis 2030. 50.000 Menschen haben sich am Samstag am Hambacher Forst versammelt. Ein Erfolg. Ein Happy Ending? Nicht ganz.
Denn fast zeitgleich wurde kund, dass das Wiesencamp der Waldbesetzung dennoch am 10.10.2018 polizeilich geräumt werden soll. BesetzerInnen und Grundbesitzer Claßen beklagen eine unrechtmäßige Zwangsenteignung. Kurt Claßen erwarb das Grundstück vor einigen Jahren und kam damit dem RWE zuvor. Satte 12.500 Euro bezahlte er für die kleine Wiese, unter der weitere Braunkohlevorkommen vermutet werden. Und er will das Grundstück behalten. Das Angebot des RWE über 15.000 Euro lehnte er ab. Verkaufen würde Herr Claßen das Grundstück wohl. Aber nur für den Gegenwert der Braunkohle. 20 Jahresraten á vier Milliarden Euro – 80 Milliarden Euro – lautet sein Angebot. Der RWE lehnte ab. Und eröffnete darauf mehrere Verfahren gegen den 69jährigen Rentner, die heute noch laufen.
Mit der Bereitstellung seines Grundstücks unterstützt Kurt Claßen die Besetzung des Waldes. Das Wiesencamp stellt heute den Hauptversorgungs- und Vernetzungspunkt für die gesamten Proteste dar. Und damit spielt das Wiesencamp auch in der fortlaufenden Besetzung eine zentrale Rolle, denn der Rodungsstopp ist nur vorläufig. Der Hambacher Wald braucht weiter Unterstützung. „Hier ist gerade die Lage so, dass keiner weiß, was in dem Verfahren verfügt worden sein könnte – ob das jetzt die Zwangsenteignung darstellen wird, ob überhaupt noch eine Revision möglich sein wird, das weiß keiner.“ , sagt Helena (Name anonymisiert), unser Kontakt vor Ort in einem Telefonat, „Die Räumung des Wiesencamps wäre eine Katastrophe“. Neue Besetzungen und Baumhäuser im Wald müssten weiter versorgt werden; und dafür sei das Wiesencamp unerlässlich.
Herr Claßen hat seinerseits mehrere Klagen gegen den RWE am Laufen. Aber: „[…] der ist pleite. Alleine wenn jeder von den 50.000, die da waren, einen Euro gespendet hätten, hätte es schon gereicht.“ Leider wusste noch niemand Bescheid.
Mindestens 13.000 Euro werden benötigt, um die aktuellen Verfahrenskosten tragen zu können. Darum rufen BesetzerInnen und unterstützende Organisationen zum Spenden auf: „Solidarität für Kurt Claßen!“, „Solidarisiert euch! Rettet das Wiesencamp!“, rufen die Banner auf dem Gelände. Wir wollen den Ruf weiterleiten, denn wer auch immer den Rodungsstopp und Kohleausstieg unterstützt, kann vielleicht auch noch einen Euro spenden. Oder zwei. Das reicht schon, um aktiv Teil der einzigartigen Geschichte des Hambacher Forsts zu werden. Dann kann der Hambi gehalten werden.
Kommentar hinterlassen