Undankbarer Job, ich muss das Wort für die klassische Lauf-Demo ergreifen. Aber gut, habe in den
letzten Jahren ja auch zwei angemeldet, das hatte schon auch seine Gründe. Aus ganz persönlicher
Sicht ist da das interessante Gefühl, das bei mir aufkommt, wenn die Polizei einem auf einmal für
einen halben Tag den Weg durch die Innenstadt freimacht und schön nach meiner Pfeife tanzen darf,
anstatt mich am Bahnhof an irgendeine Wand zu stellen und abzutasten, weil ich im schwarzen
Hoodie wohl wie ein Dealer aussehe. Ich möchte das Gefühl nicht zu sehr abfeiern, aber es bringt
eine gewisse Genugtuung mit sich, keine Frage. Hat aber natürlich auch nichts mit der
Durchsetzung politischer Ziele zu tun, deswegen als kleine persönliche Genugtuung an den Anfang.
Mit Demonstrationen zwecks politischer Mobilisierung zu arbeiten macht für mich Sinn, wenn
mensch bedenkt, wie stark der Straßenprotest mit historischen Vorbildern verknüpft ist. Ob Ghandis
Salzmarsch, die Bürgerrechtsbewegung in den USA oder die Straßenschlachten der Studierenden in
Deutschland in den siebziger Jahren mit der Polizei: alle drei historischen Vorbilder sind für
verschiedene Menschen anschlussfähig und vereinen sich in der Gemeinsamkeit der Ansammlung
von Menschen mit einem gemeinsamen politischen Ziel. Ein weiterer großer Vorteil von
Demonstrationen ist der, dass die Teilnehmer*innen einander persönlich kennenlernen und sich
daraus weitere Aktionen im Interesse der politischen Ziele der Demonstration ergeben können, ein
direkter Austausch und ein, quasi „teambildendes“, gemeinsames Erlebnis.
Die Demo als Mittel des politischen Prozesses ist zudem besonders einfach zugänglich. Im Grunde
muss mensch nur mitbekommen, wann und wo die Demo stattfindet und sich dann noch bemüßigt
fühlen den Termin wahrzunehmen, sofern man das Thema der Demonstration unterstützt. Die
Vernetzung durch die sozialen Medien unterstützt die Organisator*innen bei der Verbreitung dieser
Informationen und erleichtert es, viele Menschen in Kenntnis des Termins, aber auch der Inhalte der
Demo zu setzen. Selten war das so einfach wie heute.
Schlussendlich ist es für die (unfreiwilligen) Zuschauer*innen nicht so leicht, der Demo aus dem
Weg zu gehen: Straßen werden gesperrt, die Demo macht Lärm und hat meistens große
Transparente oder Fahnen dabei. Auch wenn Leute den Inhalten der Demo nicht unbedingt
zustimmen, so gewinnt diese durch die oben genannten Begleitumstände doch recht einfach die
Aufmerksamkeit der Umstehenden Personen und schafft ein Bewusstsein, für das vorgebrachte
Anliegen. In einer von allerhand Reizen nur so zugestopften Welt gelingt das Demos bei
entsprechender Größe, anders als ein paar Plakaten oder Flyern, relativ einfach.
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