„Was ist eigentlich 1 LCD Bildschirm?“

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Da saß ich also vor dem TV auf der Couch, das Handy in der Hand, Tee auf dem Teller auf dem Sofa balanciert, und meine Augen switchten zwischen Phone und Fernseher hin, und her. Langeweile, Regentag. Da dachte ich mir: Wie funktionieren eigentlich diese Bildschirme? Immerhin haben wir sie täglich vor Augen, und ebenso täglich fingern viele auf ihnen herum. Sie sind zerbrechlich, wunderschön und essenziell für unser täglich Leben, und nicht nur für Studierende. Sie ermöglichen all die Visualisierung unserer modernen Kommunikation und Unterhaltung, die vor weniger als einem Menschenleben noch in‘s Reich des Science-Fiction gehörte: LCD‘s. Doch was ist so ein ‚Liquid-Crystal-Display‘ eigentlich? Erstmal keine Ahnung.
Eine Recherche.

 

Im Grunde erscheint mir dieser LCD ganz ja einfach aufgebaut zu sein. Eine Schicht aus Flüssigkristallen – eingebettet zwischen zwei Polarisatoren, Farbfiltern, weißer Hintergrundbeleuchtung oder bunten LEDs und Glas – wird mit Strom unter Spannung gesetzt. Millionen solcher Pixel werden zu einer Fläche aneinandergereiht, und tada! Wir blicken auf eine wunderbare, hoch detaillierte Anzeige. Klar, total einfach. Ich möchte es dann doch noch etwas genauer wissen.

Essenziell für unsere Anzeige sind scheinbar sogenannte Flüssigkristalle. Flüssige Kristalle? Klingt komisch. Gibt‘s aber echt.

Erste Erkenntnisse über Flüssigkristalle machte ein österreicher Botaniker namens Friedrich Reinitzer im Jahre 1888. Ihm fiel damals auf, dass sich die Cholesterinderivate, die er für seine Forschung aus Karotten bezog, merkwürdig verhielten: Beim Erhitzen und Schmelzen änderten die Stoffe ihre Farben und blieben bis in hohe Temperaturen ungewöhnlich dickflüssig. Nach weiterem Erhitzen wurden sie dann plötzlich klar, blieben aber weiter flüssig. Das kann ja nicht sein, dachte sich der Friedrich. Das wirkte ja geradeso, als hätten diese Stoffe einen zweiten Schmelzpunkt. Dabei hätten die Flüssigkeit doch eigentlich aufkochen müssen, wie wir es bspw. vom Wasser gewohnt sind. Die meisten damals bekannten Stoffe hatten genau einen Schmelzpunkt zwischen der festen und der flüssigen Phase, sowie genau einen Siede- bzw. Verdampfungsbereich zwischen der flüssigen und der gasförmigen Phase. Ebenso wie Wasser. Diese Reaktion hier aber war unerwartet anders. Der merkwürdige Prozess ließ sich immer wieder beobachten, vorwärts und rückwärts. Nach vielen Recherchen und Briefwechseln mit namhaften Wissenschaftlern seiner Zeit hielt Reinitzer schließlich fest, dass er zwischen der festen und der flüssigen Phase dieses Stoffes (und einiger verwandter Stoffe) noch eine weitere Phase beobachtet haben musste. Einen weiteren Aggregatzustand. Revolutionär. Was die Farbänderungen während des Erhitzens anging, spielte er mit dem Gedanken, dass das einfallende Licht von der sich verändernden Struktur der Flüssigkeit verschieden gebrochen wurde. Und damit lag er schon sehr gut. Er wusste mit diesen Erkenntnissen zwar zunächst nichts weiter anzufangen. Doch die Wissenschaft hat festgestellt, und nicht vergessen. Heute gedenken wir gewissermaßen seinem verwirrten Forscherdrang, wenn wir auf Handys, Wecker, Uhren, Laptops und Fernseher schauen, deren Form und Funktion wir den tollen Eigenschaften von Flüssigkristallen verdanken.

 

Wie Götterspeise bei Zimmertemperatur“

 

Mittlerweile sind Flüssigkristalle wohl definierte Substanzen, die sowohl Eigenschaften von Flüssigkeiten (insbes. Fluidität, also das Fließen), als auch Eigenschaften von Kristallen (insbes. Anisotropie, also eine Art geordneter Ausrichtung) aufweisen. Man zählt sie gern zur „Weichen Materie“, denn sie sind in ihrer kondensierten Phase (also den nicht-gasförmigen Aggregatzuständen) weder so richtig fest, noch wirklich flüssig. Sie sind eben weich, etwa so wie Götterspeise bei Zimmertemperatur. Ihr Geheimnis sind die Strukturen, die ihre stabförmigen Moleküle bilden. Während richtige Kristalle Gitter aus Basen bilden, bleiben unsere Flüssigkristalle immer flexibel. Einige dieser Flüssigkristalle haben dazu die tolle Eigenschaft, sich je nach elektrischer Spannung, die man anlegt, in einer anderen Richtung anzuordnen – sie werden polarisiert. So können wir sie steuern, und das ist der Trick des LCD.

Es ist an dieser Stelle ganz gut zu wissen, was das Polarisieren hier bedeutet. Den Effekt der physikalischen Polarisierung kennen wir bspw. von teuren Sonnenbrillen. Das einfallende Sonnenlicht wird von dem speziell dafür entwickelten Glas in eine bestimmte „Richtung“ gezwungen oder gar nicht durchgelassen, damit es uns nicht blendet und die Netzhaut verletzt. Allgemein beschreibt die „Polarisation“ die Richtung einer solchen (Licht-) Welle, und ein „Polarisator“ filtert bestimmte Anteile von Wellen, in unserem Falle des Lichts, heraus. So erreicht das Auge nur derjenige Anteil des Lichts, der durch den Filter passieren darf. Der angenehme und für das Auge verkraftbare nämlich. Je nach Polarisator können wir weniger Licht durchlassen, oder nur ein bestimmtes Spektrum von Wellenlängen. In einem Liquid-Crystal Display werden die Kristalle polarisiert, sodass sie entweder Licht durchlassen, oder eben dicht machen. Das lässt sich leicht an den ersten, klassischen LCD‘s erklären, die wir noch von Weckern und Digitaluhren kennen. Das berühmte sieben-Segment-System hat schon lange eine breite Anwendung gefunden. Jedes dieser Segmente stellt einen Pixel dar, der entweder an (es kommt kein Licht hindurch, das Segment ist schwarz sichtbar) ist, oder aus (Die Hintergrundbeleuchtung erscheint hell, das Segment ist unsichtbar) ist

Genauso werden in modernen LCD‘s die Flüssigkristalle von einer elektrischen Spannung, die wir anlegen, dazu angeregt, sich in einer von uns gewünschten Richtung anzuordnen. Da jeder Pixel über mehrere Farbfilter verfügt (zumeist RGB-Filter, d.h. die drei Additiven Grundfarben Rot, Grün, Blau) und jeder Pixel einzeln angesteuert werden kann, kann auch jeder einzelne Pixel eine eigene Farbe darstellen. Dazu werden die Kristalle in dem Pixel exakt angesteuert, sodass sie eine genau berechnete Menge Licht durch die jeweiligen Farbfilter hindurch lassen. Von Vorne erkennen wir nun einen einzelnen Farbpunkt.

 

Aufbau eines Farb-LCD. Quelle: IRT

Die Zeiten schwammiger Bilder und hellen Fiepens im Wohnzimmer sind glücklicherweise vorbei.“

Je weniger Elektronik (bspw. winzige Transistoren, Elektroden, Kondensatoren etc.) in der Sichtebene moderner Displays verarbeitet werden muss, desto transparenter ist der Bildschirm, und desto weniger Hintergrundbeleuchtung und Strom wird für die Anzeige benötigt. Die Erfindung der ‚Thin-Film-Transistors‘ (Dünnschichttransistoren oder TFT) in den 60er Jahren, die eben einzelne Pixel ansteuern können, hat die Entwicklung solcher flachen Bildschirme erst möglich gemacht. Davor gab es die Röhrenbildschirme, jene kiloschweren Elektronenkanonen, die heute schon nostalgischen Flair ausstrahlen, obwohl sie noch vor zwanzig Jahren einen stolzen Standard darstellten. Für die Interessierten: Das Bild war damals deshalb so unscharf, weil die Röhre Elektronen auf eine Leuchtschicht (den Bildschirm) schoss, um Informationen aus dem Funkäther zu visualisieren. Darum war die Oberfläche hinterher auch so geladen – sie war voller Elektronen, die Funken fliegen lassen oder die Haare aufstellen konnte. Diesen Effekt kennen wir von einem Luftballon, den man sich am Kopf reibt. Die Zeiten schwammiger Bilder und hellen Fiepens im Wohnzimmer sind glücklicherweise vorbei. Heute ist alles HD ready, Full HD, Ultra HD.

Richtig coole LCDs werden von LEDs, zu deutsch ‚Licht-emittierenden Dioden‘, beleuchtet. Jeder LED-Bildschirm ist auch ein LCD. LEDs, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen, produzieren kaum Wärme und sind sehr sparsam im Stromverbrauch, da kaum Energie über Wärmeverlust verloren geht. Man kann sie einschalten, abschalten und dimmen. Im Bildschirm liefern sie deutlich bessere Schwarzwerte, als Leuchtstoffröhren oder Plasmabeleuchtungen, da man diese nicht stellenweise abschalten kann. LEDs sind häufig auch energieeffizienter, als Leuchtsparbirnen, die zwar ein natürliches Warmweiß ausstrahlen, dafür aber super giftiges Quecksilber enthalten. LEDs gibt es in den verrücktesten Formen und Farben, man kann sie beliebig programmieren, denn ihnen ist es egal, wie oft man sie ein- und abschaltet. Einfach toll. Aber auch LEDs haben einen Nachteil. Der hohe Blauanteil, wegen dem ihr Licht häufig als „kalt“ bezeichnet wird, steht im starken Verdacht, den Augen zu schaden. Das äußert sich u.A. in der Müdigkeit, die viele Nutzer schnell am Computer überkommt. Erfahrungsgemäß lässt sich die Konzentrationsfähigkeit am PC zwar trainieren, aber hier sollte man sicherlich Vorsicht walten lassen. Lieber eine Pause mehr machen und vom Blatt lesen. Für alle Unermüdlichen und Computerliebhaber gibt es noch die Möglichkeit, sich Programme zur Blaureduzierung des Bildes herunterzuladen. Das macht besonders nachts Sinn. Blaues Licht macht wach. Mit ein wenig Recherche findet sich leicht ein passendes und kostenloses Programm, das die Blaukonzentration des Bildes reduziert. Man gewöhnt sich schnell an das rötliche Bild, und nach etwa zwei Stunden Arbeiten freut man sich über einen immernoch wachen Kopf, und über keine Probleme beim Einschlafen.

Moderne LCDs trumpfen neben immer ausgefeilterer Beleuchtung auch mit steigender Auflösung auf. Berühmt wurde das ultrahochauflösende Retina-Display von Apfelmarke1 (das lustigerweise von Samesong2 entwickelt und hergestellt wird), denn es war das erste frei verkäufliche Display, dessen Pixelzahl pro Fläche deutlich über der Wahrnehmungskapazität des menschlichen Auges liegt. Dadurch wirken Flächen wirklich flächig, und man munkelt, dass es die Augen und Konzentration weniger strapaziert. Das hat zwar nie jemand bestätigt, aber hey, es heißt Retina und ist von Apfelmarke. Kann ja nur gut sein. Heute gibt es viele Firmen, die Displays gleicher und höherer Auflösung verbauen. Soll heißen: Wo nicht Retina draufsteht, kann trotzdem Retina drin sein. Solche vergleichbaren Displays heißen dann anders, denn sie haben oft noch andere Technologien und Patente verbaut. Eines ist der Konkurrenzwelt nämlich bewusst: Das Copyright von Apfelmarke ist das Ego von Apfelmarke, und es ist sehr schnell verletzt. Von der Innovationsfront lässt sich aber neben vielen feindseligen Rechtsstreits auch von aktuell populären Displaytechnologien berichten:

  • Es wird bei „Crystal-Clear-Displays“ mit Flüssigkristallen auf Nanogröße (10-9m = 0,000.000.001m) geworben, die noch kleinere Pixel pro Fläche und damit noch höhere Auflösungen erreichen.
  • OLED-Displays (Organic Light Emitting Diode) arbeiten mit organischen Leuchtdioden, die bei der Anzeige von Videos wohl weniger Strom verbrauchen, und dabei noch den Bau noch dünnerer Bildschirme ermöglichen. Man spart sich eine ganze Schicht Beleuchtung. Bei OLEDs werden einfach organische (Kohlenwasserstoff-) Verbindungen mit Strom direkt zum Leuchten gebracht. Der Vorteil: Es wird keine Hintergrundbeleuchtung benötigt, und schwarz ist wirklich schwarz. Der Nachteil: Viele organische Verbindungen sind nicht sehr langlebig, und die Bildschirme dementsprechend auch nicht. OLEDs sind aber wegen ihrer irren Eigenschaft, so unfassbar dünn und klein sein zu können, sogar als Grundlage zu einem elektronischen Papier und biegsamen Bildschirmen in Diskussion.
  • AMOLED (Active Matrix Organic Light Emitting Diode) Displays sind den OLEDs sehr verwandt.Die fast parallel erschienenen AMOLEDs haben pro Pixel noch je drei Subpixel (gemäß der drei Additiven Grundfarben RGB), die jeweils einzeln angesteuert und zum Leuchten gebracht werden können. Damit steht der totalen Auflösung nur noch die Größe der Dioden im Wege (und die werden tendenziell immer kleiner), und der Farbbereich der Darstellung pendelt bislang knapp über menschlich-erkennbar. Samesong verbaut diese ultrahochauflösenden Bildschirme gerne in seinen Smartphones. Der Einbau in große Bildschirme gestaltete sich in der Vergangenheit als teuer und aufwendig, da die Subpixel mit einer Genauigkeit von +/- 1 µm (10−6m = 0,000.006m) verbaut werden müssen. Wackeln bekommt dabei eine neue Subdimension. Höhö.

Die Zukunft des Bildschirms können wir auf Messen bewundern. Man glaubt kaum, was da alles passiert. Verlässliche Trends bilden häufig auch Science-Fiction-Filme ab. Apfelmarke hat Samesong mal auf über 2,5 Mia. Dollar Schadensersatz verklagt, weil Samesong ihnen die revolutionäre Designidee für einen flachen Touch-Computer geklaut haben soll. Wie gemein. Die Sache wurde angeheizt, als Samesong einwarf, dass die Idee schon vielen gekommen sei, und dass es total unfair wäre, wenn sie nicht auch ihre eigenen flachen Computer bauen dürften. Schließlich seien die ja nicht silbern, so wie die von Apfelmarke, und hätten ein völlig anderes Logo darauf gemalt. Apfelmarke hielt dagegen, nein, sie seien die ersten überhaupt gewesen, das können sie ja auch beweisen, weil sie können alles, was man bezahlen kann, und basta, Samesong solle jetzt pronto das Bruttoinlandsprodukt eines Kleinstaats (z.B. der Seychellen = 2,35Mia.$) heraus rücken. Fun Fact: Samesong ärgerte seinen Gegner mit einer Filmszene aus Stanley Kubrick‘s „2001-Odyssee im Weltraum“ (1968), in der ganz ungeniert ein ebensolcher Computer dargestellt wird. Daraufhin entschieden Richter verschiedener Länder ganz unterschiedliche Urteile. So lustig sie sich darstellen lässt, hat die Geschichte natürlich auch ernste Aspekte. Das ist ein ernstes Thema, so ein Rechtsstreit, und es hängen viele Jobs und Umsätze an dem Ausgang solcher Auseinandersetzungen. Denn wenn Millionen von Menschen plötzlich flache Computer haben wollen, statt der doofen alten eckigen Computer, dann entsteht ein gigantischer Markt, der erschlossen und bedient werden will. Und wer bedient, verdient. Und wer forscht, schreitet fort.

Es bleibt also spannend, und wir dürfen uns auf viele tolle, verrückte Erfindungen und Entwicklungen freuen.

Es hat mich sehr gefreut, euch einen Einblick in die faszinierende und niemals gleiche Oberfläche gewähren zu können, die wir täglich verständnisvoll betrachten, und ab heute sogar selbst verstehen. Cheers! 🙂

Stanley Kubrick’s Tablet-Computer in „2001 – Odyssee im Weltraum“ (1968). Quelle: https://i.ytimg.com/vi/-3949GAIokg/maxresdefault.jpg

1Ich habe bei diesen sensiblen Antagonisten Angst vor Copyrightverletzungen, also benutze ich Fantasienamen.

1 s.o.

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