Der dritte Weg

Sieht man sich die beiden Demonstrationsblöcke an, gibt es neben dem klar abzulehnenden Bild der Kandelbeschützer*Innen, eben auch einige große Kritikpunkte an den Gegendemonstrationen. Beide Seiten kriegen hier ihr Fett weg. Achtung Rant!

Eine Seite bestehend aus besorgten Bürgern, versetzt mit Nazis und Hooligans und verfeinert mit AfD-Politikern und Verschwörungstheoretikern. Der Aspekt des ständig beschworenen Untergangs des Abendlandes, die hier gemachte Mythologisierung kann fast schon als eine Art Spiritualitätsersatz genommen werden, die Konzentration der Schuldzuweisung auf und des Verrats durch die Politik“Elite“, typische antisemitische Muster, die eine vermeintlich gesteuerte Verschwörung riechen, ihre bis zur Raserei gesteigerte Projektion in die Subjekte des Islams und die Abwehr jegliches Fremden, was ebenfalls ein von ihnen bewundertes Muster der Umma ist, fließen alle in die nun ständig stattfindenden Demos zu einer neurechten Ideologie zusammen, welche dort viele der sonst voneinander getrennten Bevölkerungsgruppen zusammenbringt. Selten trifft sich die besorgte Dorfmutter von vier Kindern wohl mit einer AfD Spitzenkandidatin, einem massiven Hooligan und dem ledernen Dorfältesten in ihrer Freizeit. Das Potpourri aus konservativen und antisemitischen Mustern verschmilzt zu einer gefährlichen neu-rechten Ideologie, die es schafft über Einkommens- und, damit immer auch, Bevölkerungsgruppen hinaus zu gehen. Hopfen und Malz sind hier schon lange verloren.

Die andere Seite ist ein Cuvée aus vielen Parteien und Aktionsgruppen des bürgerlichen Demobündnis „Kandel ist bunt“, dessen Aussagekraft und Glaubwürdigkeit nach dem Artikel von Valentin Ardelean-Kaiser zur rechten Szene in Kandel, Zweifel an ihrem Realitätsbezug aufkommen lässt. Durch erhebliche Mobilisation begünstigt, strömen Menschen aus den umliegenden Regionen und Städten nach Kandel, um zu zeigen, dass es nicht braun, sondern bunt sei. Nach der Demonstration und dem guten Gefühl, etwas Gutes getan zu haben, zieht man wieder ab. Was bleibt sind die brauen Strukturen und Denkmuster. Die allzeit beliebte Nachhaltigkeit ist damit nicht erreicht. Außer einem guten Bauchgefühl der durch moralische Impertinenz geschwängerten Demonstranten ist also nichts geblieben. Die Demonstrationen reihen sich also ein in eine Reihe zigtausender Laufdemonstrationen, ob mit Gewalt oder ohne ist immer nur ein kleine Erweiterung, die außer sich selbst niemanden im Blick haben. Kreative Demonstrationsarten wie die Demo Rechts gegen Rechts sind daher so selten, weil sobald es an den Geldbeutel geht, auch bei den meisten Teilnehmern die Wohlfühlgrenze überschritten ist. Antifaschismus endet mit dem Budget. Schaut man sich den AStA-Aufruf zur Demo am 07.04.2018 an, sieht mensch auch den drohenden Verlust von Realitätsbezug der Studierendenschaft. Behauptungen, wie dass Rassismus und Sexismus „keine Herkunft oder sozialen Status“ hätten, deuten auf die vollkommene Einrichtung in einer bürgerliche Wohlfühlblase hin, in welcher jeglicher Mensch kein, zum überwiegenden Teil, Opfer seiner sozialen Umstände ist, ein geknechtes Wesen im wahrsten Sinne des Wortes, sondern ein vollkommen selbstbestimmtes Wesen, das liquide zwischen Einkommensschichten, sozialen Status und Gesellschaften hin und herwechselt. Diese Mythologisierung, welche sozusagen den Himmel auf Erden zu holen verspricht, entspringt, wie auf der anderen Seite, einem Bedürfnis nach Erlösung von der problematischen Welt. So wird uns der messianische AStA mit seiner studierenden Gefolgschaft bald ins ewige Plenum wünschen.

Gute Nacht.

 

 

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