Neulich freitags, zur Primetime und gegen den Wettertrend war ich erneut im Universum Kino Center in Landau um den Film „The Death of Stalin“ anzuschauen. Das Kino war, dem Wetter und dem Tag entsprechend, ziemlich leer – Schade! Denn dieser Film hat einen Besuch verdient.
Ein eindrücklicher erster Überblick über die Handlung gibt der geneigten Zuschauerin ja bereits der Titel des Werkes. Nun kann man bei den meisten Menschen davon ausgehen, dass recht wenig politische Bildung bezüglich der, nach Stalins Ableben einsetzenden, Ära in der Sowjetunion vorhanden ist. Aber hier kommt der gute Teil: für das Verständnis des Filmes und auch dessen Humors ist es nicht notwendig. Vielleicht begünstigt es ein paar Lacher, aber es ist an sich nicht erforderlich. Der Film ist eine äußerst schwarze Komödie, Richtung Vantablack, beziehungsweise eher eine Politsatire. Dabei ist wichtig hier festzustellen, dass der Film auf einer Graphiknovell gleichen Namens basiert. Diese wiederum fußt lose auf realen Begebenheiten (Stalin starb wirklich!!1!) sollte in ihrem Detail aber nicht als Bildungsversuch angesehen werden – und eben so gilt dies auch für den Film.
Nun kenne ich persönlich Menschen verschiedenster Couleur: von denen die sagen „Witze über solche Tyrannen zu machen und damit deren Opfer zu verunglimpfen ist schändlich und anstandslos“ bis hin zu anderen die sagen „das ist doch wieder das reinste Propagandamaterial um den Kommunismus wie auch die gesamte damalige Sojwetunion zu diskreditieren und der Lächerlichkeit Preis zu geben“. Den Anhängerinnen ersterer Äußerung möchte ich entgegnen, dass der Film sich darum bemüht, und es meiner Meinung nach auch schafft, sich nicht über die Opfer lustig zu machen. Weder werden sie degradiert, noch lächerlich dargestellt. Sie werden, wenn sie denn überhaupt gezeigt werden, so dargestellt, wie es ihnen vermutlich auch erging – ohnmächtig und hilflos, ausgeliefert und der Kontrolle über die eigenen Handlungsmöglichkeiten beraubt, kurzum verachtet und abgeurteilt. Mit Nichten macht sich der Film also über den großen Terror oder die verheerenden Zustände lustig. An dieser Stelle möchte ich spitz bemerken: Humor ist eine reife Form der Abwehr. Den Anhängern der zweiten Aussage kann ich nur entgegnen, dass der Film kein Abbild der Realität darstellt und auch nicht den Anspruch hat dies zu tun. Wer allerdings nach heutiger Faktenlage immer noch davon ausgeht, dass Stalin ein dufter Kerl war, der alles ihm Mögliche tat um den Menschen der UDSSR ein gutes Vorbild, ein Vater zu sein, der hat den Schuss halt nicht gehört. Die UDSSR war entscheidend für den Sieg über Nazideutschland, allerdings doch eher trotz, denn wegen, Stalin. Und die Bevölkerung hätte sicherlich auch viele seiner, durch Paranoia und Machterhaltswünsche ausgelösten, Säuberungsaktionen lieber vermieden, so es ihnen denn möglich gewesen wäre. Zum Stalinismus passt meiner Meinung nach der folgende Spruch aus dem Film „Die Reue“:“Es gibt ein altes chinesisches Sprichwort, dass da sagt – es ist ziemlich schwer, des nachts in einem dunklen Korridor einen schwarzen Kater zu finden, zumal sich die selbige dort gar nicht befindet. Ich aber sage: Wir finden diesen Kater!“ Und tatsächlich wurden unzählige Kater gefunden, wohl weit in die Millionen hinein.
Im Film fokussiert sich die Handlung auf den Ministerrat der UDSSR, in welchem 8 Menschen vertreten waren. An diesen Menschen ist es nun, das durch den Tod Stalins entstandene Machtvakuum zu verwalten und die Nachfolge zu organisieren. Der Regisseur beschreibt die Situation in einem Interview einem Mexican Standoff mit acht Beteiligten ähnlich. Alle achten genau darauf, was die anderen tun, denn ein Schritt zu früh oder zu weit, könnte bedeuten, dass man selbst es ist, der auf einer Liste landet, welche einen verschwinden lässt. Ein auf Personenkult und Einzelherrschaft beruhendes System hat die leitende Figur verloren und mit einem Generalsekretär, welcher sich aber politisch als Opportunist und von den restlichen Eigenschaften her als inkompetent einordnen lässt,scheint es unwahrscheinlich, dass er die Nachfolge als erster Genosse überhaupt dauerhaft halten kann. So sind die anderen gezwungen, sich zu positionieren und Entscheidungen zu treffen, in der Hoffnung zum Schluss auf Seiten der Winning-coalition zu stehen. Interessant ist auch die Figur des Generalmarschalls Schukow, welcher im Film die Leitung der roten Armee inne hat. Er ist nicht direkt am Intrigenspiel beteiligt, aber als Leiter der Roten Armee kann er sich sicher sein, dass einer der Spieler irgendwann auf ihn zukommen muss, da eine Änderung der Verhältnisse nur schwer gegen die Rote Armee durchzusetzen sein wird, selbst wenn diese in ihrer Vormachtstellung begrenzt durch den NKWD (Geheimpolizei) Konkurrenz erfuhr. So beleuchtet der Film diese Situation großartig durch eine starke Betonung der stattfindenden Dialoge – überhaupt wirkt der Film vorwiegend durch diese.
Die Schauspieler sind sorgsam gewählt und schaffen es, in ihren Rollen aufzugehen. Jeder konnte für mich in diesem Rahmen überzeugen. Mit Steve Buscemi als Chruschtschow und Simon Russell Beale als Beria werden die beiden Gegenspieler perfekt besetzt. Erwähnenswert ist auch noch der durch Monty Python bekannte Schauspieler Michael Palin in der Rolle des gealterten Molotow. Aber auch der restliche, nicht namentlich genannte Cast verhilft diesem Film dazu, einfach in sich aufzugehen.
Der Film bietet durch sein Thema eine Anregung sich im Nachhinein mit dieser Zeitepisode zu beschäftigen und im Moment bin ich versucht ihn eventuell noch ein weiteres Mal zu sehen!
P.S.: Das Universum, gerade bei diesem Wetter, bietet besonders bei den nachmittäglichen Vorstellungen eine sehr private Atmosphäre, in der mensch jeglichen Film hervorragend genießen kann.
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