Klimagerechtigkeit in Landau

Wir haben keine Zeit mehr!

Vor ein paar Tagen durfte ich mit Flora Dahlhausen sprechen, Klimaaktivistin beim Arbeitskreis Klimastreik Landau. Wir haben uns zum Mittagessen getroffen und was dabei rum kam, ist hier zu lesen…
  
Liebe Flora, als erstes würde ich dir gerne zum Einstieg eine Grundsatzfrage stellen, die eventuell Einigen auf der Zunge brennt.
-Wann hört ihr denn endlich auf zu demonstrieren?

Naja, sobald die Klimapolitik konsequent genug ist, sodass die WissenschaftlerInnen das auch sagen und wir so das schlimmste verhindern können. Es gibt ja schon negative Auswirkungen und sobald einfach alles getan wird, was noch irgendwie möglich ist, dann hören wir gerne auf!

Okay, deutlicher Standpunkt, nun ist es ja sehr interessant, dass sich auch hier im eher „kleinen“ Landau eine Ortsgruppe von FridaysforFuture gegründet hat.
-Wie lange gibt es euch schon und wie kam eure Gruppe zustande?

Also am 13. Dezember ist unser Jubiläum-Streik. Für uns ist das natürlich eigentlich eher ein Trauertag der verkackten Klimapolitik. Seit dem streiken wir dann ein Jahr.
Den ersten Streik in Landau haben drei Dozentinnen unserer Uni initiiert(Flora studiert dort Mensch und Umwelt im 3.Semester). Allerdings haben diese direkt dazu gesagt, dass sie das nicht weiterführen können und rumgefragt, wer sich vorstellen könnte, die Demos fortzuführen. Ich und ein paar andere haben sich daraufhin gemeldet und so hatten wir unser erstes Treffen.

Da hatte die Uni also ebenfalls einen besonderen Einfluss.
-Wie steht es denn mit eurem Klimastreik-Einfluss? Habt ihr in Landau was erreichen können?

Ich denke man erreicht in sofern immer was, dass die Leute darüber sprechen und sich Gedanken machen, wenn Menschen in einer Stadt für Klimagerechtigkeit demonstrieren. Das ist natürlich ein erster wichtiger Schritt, wodurch auch wieder was entsteht, wie zum Beispiel, dass die Leute klimafreundlicher leben oder wieder zur nächsten Demo kommen.

In der Politik ist der Einfluss schwierig zu sagen. Ich denke, dass wir auch dort Anreize für mehr Klimaschutz gegeben haben. Sie merken, dass sie unter Kontrolle stehen, wir haben uns auch teilweise schon mit Parteien getroffen und uns ausgetauscht.

Außerdem wurde der Klimanotstand in Landau ausgerufen, was jetzt nicht von uns initiiert wurde, aber ich kann mir schon vorstellen, dass wir da auch zu beigetragen haben. Allerdings muss das ja nicht unbedingt heißen, dass dieser auch umgesetzt wird (die Stadt erkennt damit an, dass Maßnahmen zum Klimaschutz dringend ergriffen werden müssen und dabei außergewöhnliche Mittel verwendet werden dürfen).
Es gibt seit kurzem in Landau auch eine Klimamanagerin, mit der wir uns bald zusammensetzen werden und schauen, was die so vorhat.

Da seid ihr ja im regen Austausch mit der Stadt. Wo wir auch schon bei der nächsten Frage wären.
-Was wollt ihr konkret in Landau erreichen?

Wir haben eine Forderungsliste aufgestellt und die auch dem Stadtrat vorgestellt. Wir wollen z.B. mehr Fahrradwege und eine bessere Vernetzung dieser, der ÖPNV soll ausgebaut werden und günstiger werden (weitere Punkte beziehen sich auf die Nutzung Erneuerbarer Energien, auf Aspekte in der Industrie, im Gewerbe und der Landwirtschaft etc…, nachzulesen im Internet unter „Forderungen an den Stadtrat Landau“).

-Wenn ich jetzt noch mehr über euch erfahren will, wo kann ich mich denn noch informieren?

Wir haben eine Instagram-, und Facebookseite namens @KlimastreikLandau, ebenfalls Twitter, eine Whatsapp-Infogruppe und Diskussionsgruppe und auf Telegram eine Infogruppe. Ansonsten kann uns jede*r auch ansprechen oder eine Mail schreiben unter klimastreik-landau@gmx.de. Weitere Infos gibt’s außerdem auf unserer Homepage fridaysforfuture-landau.de.

-Apropos Infos, was steht bei euch zurzeit an, was sind eure nächsten Projekte und wann? 

Tatsächlich ist unser nächstes großes Projekt in diesem Monat am 29. November, nämlich der nächste Globale Klimastreik um 12:05 Uhr an der Stadtbibliothek. In der Woche ist außerdem ein Uni-Streik vom 25-29.11, der bestimmt in der Uni nicht unbemerkt bleiben wird. Wir freuen uns drauf, es wird jedenfalls spannend.

Dann lassen wir uns mal überraschen.
-FFF ist ja in erster Linie ein Protest der von Schüler und Schülerinnen organisiert ist. Inwiefern äußert sich das eigentlich bei euch in Landau. Und welche Gruppen gibt es noch, in wie weit engagieren sich Studierende…?

Bei uns ist es tatsächlich  recht gemischt, wir haben zum einen Schüler und Schülerinnen und zum anderen auch Studierende.
Eine Zeit lang waren wir vor allem StudentInnen, das hat sich jetzt etwas gewandelt, es sind viele SchülerInnen zu unserer Gruppe dazu gekommen.

An Gruppen gibt es ansonsten noch die Scientistsforfuture, die Parentsforfuture und auch die Umweltgruppe und andere HSGs.

Es wäre voll schön, wenn noch mehr Studierende sich engagieren würden. Ich habe dazu auch eine Rundmail rumgeschickt. Jetzt wollen wir uns zusammensetzen und gemeinsam überlegen, wie wir das Thema in der Uni weiter voranbringen können.  Also hiermit nochmal ein Appell an die Studierenden aktiv zu werden und außerdem auch zu den Demos zu gehen.

Das hört sich ja bis jetzt sehr positiv alles an.
-Aber wie kritisch seid ihr euch selbst gegenüber? Inwiefern nehmt ihr FFF nur als Lifestyle und eine Art der Selbstdarstellung wahr? (bspw. das Selfies bei Demos gemacht werden, was ja eigentlich unüblich ist) 

Also ich muss sagen, mich macht das eigentlich glücklich, wenn Leute die Fridaysforfuture Demos als etwas ansehen, mit dem sie sich präsentieren möchten. 
Das ist ja voll die gute Entwicklung und total schön, wenn die Menschen regelmäßig zur Demos gehen und sich dann vielleicht sogar noch in Gruppen politisch engagieren.

Aufjedenfall sind wir uns gegenüber selbstkritisch. Wir sind da offen für alle Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge. Also meldet euch gerne, wenn euch was einfällt. Es gibt immer etwas, das man noch verbessern kann.

Manche Menschen sind teilweise von diesem Selbstdarstellungshype bei FFF von den Demos abgeschreckt, da stellt dieses Profilieren dann eher ein Hindernis dar. 
-Was für Tipps habt ihr für diese Menschen?

Also jede*r kann sich super gerne in der Orgagruppe engagieren, da müssen sie nicht unbedingt auf den Demos aktiv sein. Uns hilft es auch, wenn sie sich mit den PolitikerInnen zusammensetzen oder uns inhaltlich unterstützen. 

Was viele ebenfalls interessiert, ist die Frage, wie umweltfreundlich ihr bei den Demos eigentlich wirklich seid?

Also bei uns in der Ortsgruppe versuchen wir alles was möglich ist mit dem Fahrrad zu transportieren. Wir sind natürlich auch ein bisschen an dem gebunden was zur Verfügung steht, aber wir haben auch schon weitere Strecken mit dem Lastenrad auf uns genommen. Außerdem bieten wir bei den Demos Essen kostenlos an, das meistens von Foodsharing kommt. Dabei ist das Essen eigentlich immer vegan, also wir achten sehr auf Umweltschutz und versuchen unser Bestes.

Wir kommen bald zum Ende. Noch eine andere Frage bezüglich einer bestimmten Umweltschutzbewegung, die unter anderem wegen des Zivilen Ungehorsams in Kritik steht, andererseits wegen der Offenheit bezüglich Meinungen, die teilweise moralisch schwierig sind. Daher würden wir gerne eure Meinung dazu wissen.
-Wie steht ihr in der Fridaysforfuture Ortsgruppe zu Extinktion Rebellion?

Also wir haben uns noch nicht bezüglich Extinktion Rebellion positioniert. Es gibt in der Gruppe dazu unterschiedliche Meinungen.

Zivilen Ungehorsam haben wir ja auch teilweise bei unseren Demos, wenn die SchülerInnen nicht zur Schule gehen und stattdessen auf den Klimastreiks sind. Die tolerierbaren Grenzen sind aber natürlich eine individuelle Entscheidung.
 Die Ortsgruppen von XR unterscheiden sich da sehr bezüglich der Offenheit für rechtsorientierte oder antifeministische Menschen, einige Extinktion Rebellion Gruppen grenzen sich zum Beispiel davon sehr ab.

Den offeneren Gruppen geht es denke ich darum, dass alle Menschen, die in einem  Aspekt (hier Klimaschutz) eine Meinung vertreten, die sinnvoll ist, sie vertreten können. Auch wenn manche davon in einem anderen Aspekt eine Meinung haben, die nach moralischem Empfinden nicht vertretbar ist.

Ich kann die Kritik aber verstehen und es würde mir sicher auch nicht leicht fallen, mit solchen Menschen zusammenzuarbeiten.

Dann danke ich dir für deine Zeit.
Gibt es noch etwas, dass ihr denen, die dieses Interview lesen, mitgeben wollt und Fridaysforfuture eventuell kritisch gegenüber stehen, weil sie zum Beispiel noch nicht 100% grün sind und nicht auf ihre jährlichen Urlaubsflüge verzichten wollen?

Ja, im Moment ist es natürlich in vielen Bereichen einfach noch erschwerter nachhaltig zu leben, es gibt einfach noch nicht diese nachhaltige Welt. 
Das ist so ein Ding, denn nur weil man erkannt hat, dass sich die Politik ändern muss, dass sie konsequenter handeln müssen, heißt das ja nicht, dass man im Einzelnen alles vollkommen umweltgerecht machen muss.
Da muss man irgendwie seinen Weg finden, wie man beides (also Umweltschutz und das eigene Wohl) im Gleichgewicht halten kann. Deswegen ist es so wichtig sich politisch zu äußern, damit es auch für alle möglich wird, nachhaltig zu leben.
Sie können auch gerne mit uns darüber diskutieren und uns ihre Hinweise geben, wir sind da offen und freuen uns auch darüber.

Liebe Flora, danke für das Interview! Es war sehr aufschlussreich. Alles Gute dir!

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