Isolation – Der Weg zum besseren Selbst

Eine Glosse über die momentane Situation und dem Hang der eigenen Optimierung anheim zu fallen.

Wer kennt es nicht, die Existenz ist im Home-Office und schwankt zwischen massiver Langeweile und Existenzängsten, weil der Job in der Gastro vermutlich doch nicht allzu bald wiederkommt und da man sich überlegen muss wie man zu Geld kommt, sieht man in den sozialen Medien ganz viele tolle Ideen was man nun machen könnte.

Sie alle eint der Drang, dass ein über sich hinaus Wachsen nur in der Krise möglich ist. Die Vorschläge sind sehr weitreichend und es ist eigentlich für jeden was dabei. Dinge, die man tun könnte, wie eine neue Sprache lernen, am besten eine schwere, Farörisch oder so. Oder sich großartige neue Fertigkeiten aneignen, wie Photoshop, Excel oder dieses eine krasse Programm mit dem auch DU (ja lieber Ersti ich meine dich!) zu Landaus Most Important Influencer wirst.

Am wohl beliebtesten ist gerade die Selbstoptimierung im Bereich von Sport. Da gibt es Bodychallenges, Haltungskorrekturen und Dehnübungen für alles und jeden. Werde auch du in Zeiten der Quarantäne zur Sportskanone, weil wenn du schon vorher keine Lust und Zeit hattest dich mehr zu bewegen, hast du jetzt zumindest keine Lust und Zeit!

An sich ist es ja nichts schlimmes, läge dahinter nicht dieser bohrende Gedanke, dass du vor der Krise eigentlich ein ziemlicher Otto warst und du dich nun mal selbstoptimieren könntest.

Gerade Bodypositivity hat gerade eine schwere Zeit. Es wirkt ein wenig so, als sei der neue Sport- und Optimierungskult nicht nur die gruselige Fortsetzung einer Ertüchtigungswelle der 20er Jahre, sondern auch von denjenigen, die gerne Verwerten echt gern gesehen. Die Absätze von Nahrungsergänzungsmitteln und teils absurden Sportgeräten gehen gerade durch die Decke. Was viele sich auch nicht dabei denken, ist das nicht alle diese Zeit nutzen können mal zu sich selbst zu finden und an sich zu arbeiten. Sehr viele sitzen gerade Zuhause und haben keine Ahnung wie sie dieses Zuhause weiter finanzieren sollen. Mit diesem Stress macht eigentlich nur nihilistisches Yoga Sinn. Wieder andere werden gerade dermaßen mit Arbeit zugeworfen, dass die psychische Gesundheit und körperliche Unversehrtheit massiv darunter leiden. Die Rede ist vom Pflegepersonal, den Leuten, die in den Supermärkten arbeiten, alle Lieferanten und die gesamte Logistikindustrie. Neben den jetzt sowieso schon prekären Zuständen gibt es dann noch Bundesländer wie Bayern oder NRW, die diese Personen zu unbezahltem Frontdienst verdonnern wollen. Und dann ist mitten drin in diesem Chaos ein Malte-Leander oder eine Isabell-Sophia die einem sehr toll davon berichten, wie weit sie die Splits jetzt schon geschafft haben und dank Rosetta Stone jetzt Farörisch können.

Interessant ist dieser Trend auch allein deswegen, weil gerade in autoritären Staaten der Rückzug in die Selbstoptimierung bis hin zur Subkultur immer ausgeprägter wurde. Eine Krise wie diejenige in der wir uns befinden, ist immer eine Stunde der Autorität. Der Machtkampf innerhalb der CDU zeigt dies ganz besonders offen. Es wird sich übertrumpft in noch härteren Lösungen zur Eindämmung der Pandemie bis hin zu bereits erwähnten fragwürdigen Gesetzesinitiativen.

Naja ich lerne jetzt wie ich irgendwas sticke während ich einen Handstand auf dem Küchentisch vollführe und dabei Kirgisisch büffele. In diesem Sinne euch noch einen schönen Tag.

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