Vorstellung BUND Südpfalz mit Ulrich Mohr

Was ist der Bund Südpfalz für eine Organisation, für was setzt er sich ein und auf welche Art?

Der BUND Südpfalz ist eine Kreisgruppe der mehr als dreißig Kreisgruppen des BUND Landesverbandes e.V. mit Sitz in Mainz. Der BUND RLP ist einer von 16 BUND-Landesverbänden in Deutschland. Diese sind in gemeinsamer Mitgliedschaft zusammengeschlossen zum BUND Bundesverband, Berlin. Insgesamt hat der BUND 664.000 Mitglieder (Stand Ende 2020). Die BUND-Jugend hat 84.000 Mitglieder. Die Kreisgruppe Südpfalz hat ca. 600 Mitglieder.

In unserer Satzung heißt es knapp: „Der Verein verfolgt Ziele des Natur- und Umweltschutzes, des Biodiversitäts- und Klimaschutzes sowie des Tier- und Denkmalschutzes im Sinne einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Entwicklung“.

Im Unterschied zu den konservativen Naturschutzverbänden arbeiten wir vorbeugend statt nachsorgend. Wir fordern und wollen rechtzeitig verhindern. Neben Spektakulären Aktionen gibt es auch viel Kleinarbeit. Podiumsdiskussionen und Demonstrationen sind zu organisieren. Behörden und Politiker sind anzuschreiben und unter Druck zu setzen. Stellungnahmen werden abgegeben; denn der BUND ist anerkannte Naturschutzvereinigung nach § 63 BNatSchG und nach § 3 URbG. Bewusst wird offensiv Kontakt zu Presse und Rundfunk gesucht.

Grundsatz: Es reicht nicht, Natur zu lieben. Biotoppflege ist wichtig. Aber was hilft es, wenn schon seit Jahren eine Orchideenwiese für einen Konzern oder ein Neubaugebiet genehmigt ist? Die gefährdete Natur muss dort in Schutz genommen werden, wo Ihre Gefährdung ihren Ausgangspunkt hat. In Politik und Gesellschaft, nämlich. Man muss sich daher grundsätzlich auf politische und gesellschaftliche Kontroversen einlassen – bei strikter parteipolitischer Neutralität. Man muss, je nach Thema, mit allen interagieren, mit Kommunen, Landes- und Bundespolitik, Land- und Forstwirtschaft, Unternehmen, Raumplanung u. a. Man kann ein erkennbares Problem nicht früh genug angehen. Im Augenblick stehen wir im Austausch mit der Konzernspitze eines großen Baumarktes in unserer Region.

Wir haben keine politische Macht, aber wir haben Meinungsmacht, die über die Medien auszuüben ist und – wenn nötig – über die Justiz. Wir machen Anzeigen bei der Polizei, wir gehen und gingen vor die Verwaltungsgerichte.

Inhaltlich gut ausgestattet ist der BUND durch Dutzende von Arbeitskreise zu den unterschiedlichsten Fachgebieten. Der BUND Bundesverband verfügt über einen breit gefächerten Wissenschaftlichen Beirat.

Wie ist der Bund in der Südpfalz entstanden, wie lange gibt es ihn schon, und wie habt ihr euch gewandelt?

Die BUND-Kreisgruppe Südpfalz ist in den frühen 70-er Jahren entstanden. Damals war eine große Aufbruchsstimmung und viel ehrenamtliches Engagement. Gerieben haben sich die ersten Kämpfer an einem Flugplatz für Sportflieger unmittelbar an der dt. – frz. Grenze. Man planierte frech und ungebremst durch die Behörden mitten in ein Naturschutzgebiet. Es gab viel Zoff wegen illegaler Abfallentsorgung. Die für die Südpfalz so typischen unzähligen und artenreichen Hohlwege wurden von der Kommunalpolitik risikofrei verfüllt. Es war sehr schwer, auf die Umsetzung gültiger Umweltgesetze zu drängen. Man machte sich nur unbeliebt. Ein Dauerthema war die Müllverbrennungsanlage in Pirmasens, gegen die wir zusammen mit der BUND-Kreisgruppe Pirmasens kämpften. Das Thema zog sich bis in die späten 90-er Jahre. Zäh war auch der Kampf gegen die Fortsetzung der A 8 durch den Wasgau. Wieder aufgelebt ist der Kampf im Streit um die B 10 im Biosphärenreservat Pfälzerwald.

Viele unsinnige Projekte für Umgehungsstraßen mussten zusammen mit engagierten Bürgern bekämpft werden. Insbesondere im Zuge der B 38 zwischen Landau und der dt.-frz. Grenze flammen immer wieder diesbezügliche Probleme auf. Das gilt auch für die B 48. Ein heißes Eisen wird bleiben auch die B 427 von Hinterweidenthal bis Kandel, die sollte ja auch mal Autobahn werden.

Jetzt akut ist die Auseinandersetzung zu dem unglaublichen Schadstofflager, das die US-Army bei Germersheim plant und wo die Überreste des einstigen Besatzungsstatuts für Frustration sorgen. Noch immer hält uns die sog. Zweite Rheinbrücke zwischen Wörth und Kandel außer Atem – in Zusammenarbeit mit Umweltschützern aus Baden. Zehntausende hat uns der Streit um diese Brück vor dem OVG Koblenz gekostet.

Ende der Neunziger haben wir den Fahrgastverband SÜDPFALZ MOBIL gegründet. Gemeinsam setzen wir uns ein für einen besseren ÖPNV in der Südpfalz. Besonders im Schienenverkehr ist die Südpfalz auffällig benachteiligt. Seit vielen Jahren wollen wir die Elektrifizierung der Schienenstrecke Wörth – Neustadt. Nach wie vor geschieht hier nichts. Das Gleiche gilt für die Reaktivierung der einst wichtigen Bahnstrecke Landau – Germersheim. Endlich unterstützt uns hier wenigstens die betroffene Kommunalpolitik (Landkreise LD, GER und Stadt Landau).

Seit vielen Jahren kämpfen wir gegen den unglaublichen Raubbau am Grundwasser durch den ständig expandierenden Gemüsebau. Im Augenblick sind wir dabei hier etwas zu bewegen; aber es ist zäh.

Gab es Teilerfolge in der Südpfalz bei den Kämpfen um mehr Klimaschutz?

Ein schönes und sich immer weiter entwickelndes Projekt ist der Wildkatzenkorridor, den wir in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit Landwirten, Jägern und Kommunalpolitikern zwischen dem Pfälzerwald und dem Bienwald etabliert haben – mit Pflanzaktionen und Grundstückskäufen. Er funktioniert und wächst.

Ein großer Erfolg war die Verhinderung der sog. „Bienwaldautobahn“, die 12 Kilometer, die die französische A 35 und die deutsche A 65 verbinden sollten. Mit der hiesigen Kommunalpolitik und vielen Helfern konnten wir die Stimmung drehen. Vor allem im Elsass hatten wir gute Unterstützung, weil man dort gigantische LKW-Mengen zwischen Spanien und Westdeutschland befürchtete. Tausende von deutsch-französischen Flugblättern wurden in den Dörfern zwischen Straßburg und Ludwigshafen verteilt. Das hat gewirkt. Im Gegenzug haben wir den Umweltschützern von Alsace Nature geholfen, sich gegen die große Westumgehung von Straßburg (Grand Contournement Oust de Strasbourg, GCO) zu wehren. Ich hatte selbst das Vergnügen, vor ca. 2000 Straßburgern von einem der 100 Protest-Traktoren eslsässischer Bauern herab zu reden.

Ergebnis: Die „Bienwald-Autobahn“ steht nicht mehr im Bundesverkehrswegeplan. So viel Glück hatten die Elsässer mit ihrer Westumgehung leider nicht.

Bei der Müllverbrennungsanlage in Pirmasens haben wir immerhin erreicht, dass ihre Überkapazitäten, die ohnehin zu viel Mülltourismus führen, nicht noch unverantwortlicher geworden sind.

Erst jüngst gelang es uns, die Kommunalpolitik dazu zu bringen, dass der Reifenhersteller Michelin nicht durch Erweiterung seines Landauer Reifenlagers in ein Natura 2000-Gebiet eindringen konnte.

Im Laufe der Jahrzehnte ist es uns gelungen etwa fünf Bürgerinitiativen zu gründen.

Wo gibt es konkrete Hindernisse beim Klimaschutz in der Südpfalz? Wer verhindert was?

Die Südpfälzer gehen insgesamt lieber auf Weinfeste. Die Grundstimmung ist eher konservativ. Das bremst manchmal schon aus.

Was gibt es beim BUND Südpfalz zu verändern, wo ist noch Luft nach oben, was klappt noch nicht so gut in der eigenen Bewegung/Organisation?

Wenn nicht gerade Corona-Zeiten sind, treffen wir uns monatlich mit Mitgliedern und interessierten Mitbürgern*innen. Dennoch bleibt das operative Geschäft meistens in wenigen Händen. Kontinuität bei Themen, die langen Atem brauchen, ist nicht leicht aufrecht zu erhalten. Deswegen müsste sich einiges ändern. Der BUND ist aus einer unglaublichen Aufbruchsstimmung heraus entstanden, die damals mit der Antiatombewegung und dem BBU (Bürgerinitiativen Umweltschutz) ihren Kristallisationskern hatte. Die jungen Leute von damals sind heute fortgeschrittenen Alters. Wir brauchen Nachwuchs. Eine gewisse Hemmschwelle ergibt sich daraus, dass interessierte junge Leute möglicherweise vor einem Engagement bei uns zurückschrecken, weil zunächst durch die Fülle der Themen und durch den hohen Informationsstand der Aktiven eher ein Abschreckungseffekt entsteht. Ich persönlich habe das auch erlebt, ein paar Jahre später war ich Landesvorsitzender und hatte mich herumzuschlagen mit der Mainzer Landespolitik. Geht doch!

Gibt es noch etwas, dass mitgeteilt werden mag?

Motivierend wirkt immer, wenn man sieht, dass es Menschen gibt, die für unsere Themen aufgeschlossen sind. Alleine der überwältigende Erfolg mit der Fahrraddemo auf der B 10 gibt Hoffnung. Demnächst gibt es eine Radwanderung zusammen mit elsässischen Naturschützern zum Thema Trinkwasserversorgung aus dem Bienwald. Das sind schöne Momente. Umweltsensible Menschen werden immer eine gewisse Minderheit sein. Angst machen eher nur gewisse Parteipolitiker, die – vor allem bei Wahlen – dem Publikum um jeden Preis das Nachdenken abgewöhnen wollen. Den Klimawandel stoppt man nicht im Schlafwagen. Und Parteien, die glauben, mit schwammigen Aussagen könne die Erde gerettet werden, sind so schlimm wie jeder gewöhnliche Demagoge.

Gegen diese Art von Volksverdummung kann jeder etwas tun, jeder mit seinen Möglichkeiten, Möglichkeiten, die am besten sich entfalten können, wenn man sich einer Organisation zur Verfügung stellt. Die ganze Palette unserer Themen mündet letztlich heute mehr denn je in die Klimafrage.

Vielen Dank für das Interview!

Falls Leute Lust auf mehr Infos zum BUND Südpfalz bekommen haben, dann schaut gerne auf der Website oder auf Facebook vorbei! https://suedpfalz.bund-rlp.de/ und https://m.facebook.com/BundSuedpfalz

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